David Schraven

David Schraven (2017)

David Schraven (* 17. Oktober 1970[1] in Bottrop[2]) ist ein deutscher Journalist, Gründer des gemeinnützigen Recherche-Büros Correctiv und war von 2007 bis September 2014 Vorstandsmitglied des Netzwerks Recherche.[3]

Leben

Nach dem Abitur 1990 am Heinrich-Heine-Gymnasium in Bottrop begann er, Slawistik, Politologie und Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zu studieren. Schon während des Studiums arbeitete er als freier Journalist für die Neue Zürcher Zeitung, taz und den WDR.

Schraven war Mitbegründer des „Nachrichtenbüros Zentralasien/Kirgisien“. 1996 wurde er Gründungsgeschäftsführer der taz-Redaktion Ruhr. Neben seiner Tätigkeit als Journalist arbeitete er drei Jahre als Dozent im Bereich Nachrichtenschreiben der Universität Essen.

2001 war er Gast-Reporter beim Time-Magazine in New York. Ab 2005 arbeitete er als freier Journalist vor allem für die Welt am Sonntag, Die Zeit und die Berliner Morgenpost.

Nach Stationen bei der taz und bei der Süddeutschen Zeitung war er ab 2007 Wirtschaftsreporter der Welt-Gruppe, verantwortlich für die Energieberichterstattung.

Im Jahr 2007 war Schraven Mitbegründer des Blogs "Die Ruhrbarone"[4]. 2010 schied er aus dem Blog aus – und war dort nur noch gelegentlich als Gastautor tätig.[5] Die Ruhrbarone werden seit Anfang der 2020er Jahre von einigen Kommentatoren ideologisch den Antideutschen zugerechnet.[6][7][8] Das Blog existierte 2010 bis 2013 auch in Form gedruckter Ausgaben.

Von 2010 bis Mai 2014 leitete er das Ressort Recherche der vier NRW-Zeitungen, WAZ, NRZ, Westfälische Rundschau und Westfalenpost, der WAZ-Mediengruppe in Essen.[9][10]

Seit Juli 2014 leitet er das von der Essener Brost-Stiftung mitfinanzierte gemeinnützige Recherchebüro Correctiv.[11][12][13]

Schraven war Teilnehmer der Medienversammlung 2014 der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.[10] Anfang 2017 gründete er mit Cordt Schnibben die Online-Journalistenschule Reporterfabrik.[14]

Seit 2021 ist er Vorstand des Forums Gemeinnütziger Journalismus, in dem sich Medien des gemeinnützigen Journalismus mit Gewerkschaften, Medienorganisationen und Stiftungen zusammengetan haben, um gemeinnützigen Journalismus als dritte Säule des deutschen Mediensystems zu etablieren.[15]

Kontroversen

Schraven veröffentlichte zusammen mit Georg Kontekakis bei Correctiv den Artikel „EXKLUSIV: Spitzenfrau der AfD in Nordrhein-Westfalen arbeitete als Prostituierte“, der einer AfD-Kandidatin für die unmittelbar bevorstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017 Hobby-Prostitution im Internet nachwies. Die Autoren begründeten die Veröffentlichung damit, eine solche Tätigkeit stehe im Gegensatz zu dem von der Partei propagierten Frauenbild und mache die Politikerin „erpressbar“. Der Artikel wurde in den sozialen Medien heftig kritisiert, auch zahlreiche Journalisten äußerten sich negativ. Das Landgericht Düsseldorf untersagte Correctiv zunächst, den Artikel weiter zu verbreiten.[16][17][18][19] Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte schließlich in letzter Instanz, die Berichterstattung über die Prostitution der AfD-Landtagsabgeordneten sei „zulässig“ gewesen. Der Artikel befasse sich „grundsätzlich mit einer Thematik von gesellschaftlicher bzw. politischer Relevanz von allgemeinem Interesse“. Das Urteil ist rechtskräftig.[20]

Privates

Schraven ist verheiratet, Vater von zwei Söhnen und wohnt in Bottrop.

Preise, Auszeichnungen und Nominationen

  • 2008 erhielt er den Wächterpreis der deutschen Tagespresse – 3. Platz – für die Berichterstattung über den PFT-Skandal im Trinkwasserfluss Ruhr.[21]
  • 2013 wurde er als Autor des Comic Kriegszeiten, Carlsen Verlag, gemeinsam mit dem Zeichner Vincent Burmeister für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert[22]
  • 2013 bekam die WAZ für Enthüllungen im Fall Kaykin den Schweizer Wolfgang-Fichtner-Preis. Der mit 10.000 Schweizer Franken dotierte Preis wird für Enthüllungen von Korruption und Vetternwirtschaft im deutschsprachigen Raum verliehen.[23]
  • 2014 wurden Schraven und das Team von Correctiv in der Kategorie „Newcomer“ als Journalist des Jahres ausgezeichnet. Correctiv probiere „neue Journalismus-Finanzierung“ und habe „eine Debatte über die Gemeinnützigkeit journalistischen Tuns“ entfacht, hieß es in der Begründung der Jury.[24]
  • 2015 erhielt er einen Grimme Online Award für die Gesamtverantwortung über die Recherchen zum Abschuss von Flug MH17[25] von Correctiv. Die Jury lobte die Arbeit als „hartnäckig und mit langem Atem“. Die Geschichte MH17 – Die Suche nach der Wahrheit sei das „Ergebnis einer großen Rechercheleistung, perfekt aufbereitet.“[26]
  • 2015 wurde sein Buch Weisse Wölfe (illustriert von Jan Feindt) mit dem Deutschen Reporterpreis in der Kategorie „Innovation“ ausgezeichnet.
  • 2016 wurde er als Journalist des Jahres von der Jury des Medium Magazins als Teamleiter in der Kategorie „Team des Jahres“ ausgezeichnet.[27]
  • 2018 wurde er mit seinem Team für den Nannen Preis 2018 in der Kategorie „Investigative Leistung“ für die Recherchen zum Skandal um die „Alte Apotheke“ nominiert.[28]
  • 2020 erhielt er stellvertretend für CORRECTIV die Knatterton-Ehrenmütze des Bundes Deutscher Kriminalbeamter.[29]
  • 2023 erhielt er mit CORRECTIV die Theodor-Heuss-Medaille für besonderes demokratiepolitisches Engagement.[30]
  • 2024 wurde er mit CORRECTIV mit dem Goldenen Blogger ausgezeichnet[31]
  • 2024 wurde er mit CORRECTIV mit dem Carlo Schmid Preis ausgezeichnet[32]

Werke

Commons: David Schraven – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Handelsregister B des Amtsgerichts Essen: Abteilung B. Wiedergabe des aktuellen Registerinhalts: HRB 25135.
  2. www.journalismdfund.eu.
  3. Bülend Ürük: „David Schraven steigt aus: Netzwerk Recherche braucht neuen Schatzmeister“, David Schraven, Gründer vom Recherchebüro „Correctiv“, ist nicht mehr Schatzmeister beim Netzwerk Recherche. In: www.newsroom.de. 22. Oktober 2014, abgerufen am 2. November 2014. (Link ungültig)
  4. David Schraven: Gründung der Ruhrbarone. Fehler in Medien-Monitor. 11. Mai 2011, abgerufen am 12. Oktober 2024 (deutsch).
  5. Stefan Laurin: In eigener Sache: Welche Rolle spielt David Schraven bei den Ruhrbaronen? 28. Januar 2024, abgerufen am 12. Oktober 2024 (deutsch).
  6. Eva Schweitzer: Links blinken, rechts abbiegen: Die unheimliche Allianz zwischen Neurechten, woken Antideutschen und amerikanischen Neokonservativen. Westend Verlag GmbH, 2021, ISBN 978-3-86489-819-8 (google.de [abgerufen am 27. November 2023]).
  7. Saba-Nur Cheema: Antisemitismus: Die deutsche Debatte ist von Obsessionen geprägt. In: Die Zeit. 14. Juni 2022, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 27. November 2023]).
  8. Meron Mendel: Über Israel reden: Eine deutsche Debatte. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023, S. 146.
  9. WAZ-Recherchechef David Schraven verlässt Funke-Gruppe, Meedia, 26. Mai 2014
  10. a b Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) (Link ungültig)
  11. Correctiv: David Schraven startet gemeinnütziges Recherchebüro, Horizont, 1. Juli 2014
  12. Journalismusprojekt Correct!V - Hoffnung durch Recherche, Die Zeit, 1. Juli 2014
  13. NDR: Journalismus im öffentlichen Interesse - 13min. Videointerview mit David Schraven (Memento vom 17. August 2014 im Internet Archive), NDR, 10. Juli 2014.
  14. „Reporterfabrik“: Cordt Schnibben verlässt den Spiegel und gründet mit David Schraven Journalistenschule, meedia.de vom 15. Januar 2016, abgerufen am 15. Januar 2016.
  15. Startseite. Abgerufen am 12. Oktober 2024 (deutsch).
  16. Stefan Winterbauer: Wie das Recherchebüro Correctiv das Sexleben einer AfD-Politikerin enthüllte und sich einen Shitstorm fing, Meedia, 3. Mai 2017.
  17. Stefan Winterbauer: Der angebliche AfD-„Sex-Skandal“ hat für Correctiv ein juristisches Nachspiel – Gericht verbietet Verbreitung des Artikels, Meedia, 11. Mai 2017.
  18. Stefan Winterbauer: „AfD-Sex-Skandal“-Bericht auch innerhalb von Correctiv umstritten – Ethikrat befasst sich mit dem Fall, Meedia, 12. Mai 2017.
  19. Michael Hanfeld: Umgangsformen im Netz: Wer Hass sät, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. Mai 2017.
  20. Oberlandesgericht Düsseldorf, 16 U 67/19. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
  21. Welt-Korrespondent erhält den Wächterpreis, Die Welt, 7. Mai 2008
  22. Jury des Deutschen Jugendliteraturpreis: Nominierung Kriegszeiten (Memento vom 18. Januar 2015 im Internet Archive), Deutscher Jugendliteraturpreis, 15. März 2013
  23. WAZ erhält Fichtnerpreis (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive), DerWesten, 4. September 2013
  24. Begründung der Jury vom 19. Dezember 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014
  25. Recherchen zum Abschuss von Flug MH17
  26. Begründung der Jury vom 18. Juni 2015 (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive), abgerufen am 19. Juni 2015 (Link ungültig)
  27. Das sind die Journalisten des Jahres 2016 – medium magazin. Abgerufen am 7. Oktober 2018 (deutsch).
  28. Nominierte Arbeiten | NANNEN PREIS. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. April 2018; abgerufen am 7. Oktober 2018.
  29. Knatterton 2020. Abgerufen am 26. Juli 2022.
  30. Theodor Heuss Medaillen 2023 : Theodor Heuss Stiftung. Abgerufen am 22. September 2024.
  31. Thomas Knüwer: Goldene Blogger 2024: Barbaras Rhabarberbar und die Sehnsucht nach dem Durchatmen. 1. Mai 2024, abgerufen am 12. Oktober 2024 (deutsch).
  32. Carlo-Schmid-Stiftung. Abgerufen am 7. Juli 2024.
  33. Jury des Deutschen Jugendliteraturpreis: Nominierung Kriegszeiten (Memento vom 18. Januar 2015 im Internet Archive), Deutscher Jugendliteraturpreis, 15. März 2013
  34. Ullstein Buchverlage: Die Mafia in Deutschland. Abgerufen am 26. Juli 2022.