Dany Laferrière wuchs in Petit-Goâve bei seiner Großmutter auf, der er später zwei Romane widmete. Er arbeitete zunächst als Journalist. 1976 wanderte er nach Montréal aus.[1] Dort war er unter anderem als Fabrikarbeiter tätig, bevor er seinen ersten Roman veröffentlichte.
2009 erhielt er den Prix Médicis für seinen Roman L’énigme du retour. Kurz nach dem Erdbeben in Haiti im Januar 2010 wurde er von Radio-Canada und der Zeitung La Presse zur „Persönlichkeit des Jahres 2009“ gewählt. In seinem Buch Tout bouge autour de moi beschrieb er seine Erlebnisse während des Erdbebens, es ist eine Hommage an die Würde der Haitianer.[2]
Im Dezember 2013 wurde er in die Académie française gewählt[3] und wurde dort im Mai 2015 offiziell aufgenommen.[4] Er ist das zweite jemals aufgenommene Mitglied (nach Julien Green im Jahr 1971/72[5]), der nie französischer Staatsbürger war.
Er erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen und ist Ehrendoktor verschiedener Universitäten. 2014 wurde er Ehrenbürger der Stadt Montreal.[6]
Anlässlich einer Preisverleihung erklärte Laferrière im Juli 2024 in Montreal, die Krise in Haiti seit 2018 beeinträchtige die staatlichen Strukturen Haitis zwar nachhaltig. Die Kunst und Kultur des Landes seien aber Quelle der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.[7]
Laferrière ist kanadischer Staatsbürger und lebt in Paris.[8]
Literarisches Werk
1985 erschien Laferrières erster Roman unter dem Titel Comment faire l'amour avec un nègre sans se fatiguer (deutsch: Die Kunst, mit einem Neger zu schlafen, ohne müde zu werden). In der Folge veröffentlichte er zehn weitere Romane. Laferrière verwahrte sich dagegen, als „Exil-Schriftsteller“ einsortiert zu werden: Nicht das, was er in Haiti zurückließ, sei das vorrangige Thema seiner frühen, hauptsächlich in Montréal geschaffenen Werke, sondern das gegenwärtige Leben in dieser Stadt. Innerhalb von fünfundzwanzig Jahren verfasste er fast zwanzig großteils von seiner Lebensgeschichte angeregte Bücher: seine sogenannte „amerikanische Autobiografie“. Laferrière verwahrte sich stets dagegen, als Autor in eine Kategorie eingeordnet zu werden, etwa als „ethnischer Schriftsteller“. Er will mit seinen Büchern Welt-Themen ansprechen, die alle angehen: das Leben in einer ungerechten Welt und das Zusammenleben verschiedener Kulturen.[9]
Auszeichnungen (Auswahl)
1991: Prix Carbet de la Caraïbe für L'Odeur du café[10]
1993: Prix Edgar-Lespérance für Le Goût des jeunes filles
L'Odeur du café. VLB, 1991; Éditions du Rocher, 2011, ISBN 9782268072548.
Le goût des jeunes filles, VLB, Montréal 1992; überarbeitete Fassung: Grasset, Paris 2005, ISBN 9782246686613.
Cette grenade dans la main du jeune Nègre est-elle une arme ou un fruit? VLB, Montréal 1993; überarbeitete Fassung: Serpent à Plumes, 2003 ISBN 9782842614492.
Das Rätsel der Rückkehr. Übers. Beate Thill. Das Wunderhorn, Heidelberg 2013 ISBN 978-3-88423-426-6 (=L'Énigme du retour. Boréal, Montréal 2009; Boréal „Compact“, 2010; Grasset, Paris 2009)
Tagebuch eines Schriftstellers im Pyjama. Übers. Beate Thill, Das Wunderhorn, Heidelberg 2015 ISBN 978-3-88423-493-8
Die Kunst, einen Schwarzen zu lieben, ohne zu ermüden. Übers. Beate Thill. Das Wunderhorn, Heidelberg 2017 ISBN 978-3-88423-568-3
Ich bin ein japanischer Schriftsteller. Übers. Beate Thill. Wunderhorn, Heidelberg 2020.
Verschiedenes
Je suis fatigué. Lanctôt, Outremont 2001; erw. Aufl. 2005, ISBN 9782892952124.
Les années 1980 dans ma vieille Ford. Mémoire d'encrier, Montréal 2005, ISBN 9782923153490.
Je suis fou de Vava. Éditions de la Bagnole, Montréal 2006, ISBN 9782923342085.
J'écris comme je vis (mit Bernard Magnier), Lanctôt Éditeur, Outremont 2000; Boréal „Compact“, 2010
Conversations avec Dany Laferrière. Interviews mit Ghila Sroka, Éditions de la Parole Métèque, Montréal 2010
Drehbücher
Comment conquérir l’Amérique en une nuit. Drehbuch Dany Laferrière, 2004 bei Lanctôt und 2010 bei Boréal erschienen. 2004 hat Dany Laferrière bei dem Film Regie geführt.
Le Goût des jeunes filles, Film von John L'Écuyer, 2004
Bernadette Desorbay: Dany Laferrière : la vie à l’œuvre : suivi d’un entretien avec l’auteur, Bruxelles : P.I.E. Peter Lang, [2020], ISBN 978-2-8076-1694-3.
↑Cornelius Wüllenkemper: Nation und Imagination. Haitis Schriftsteller sind der Stolz der von vielen Problemen geplagten Inselrepublik. In: Süddeutsche Zeitung vom 6. Oktober 2017, S. 14.
↑Dany Laferrière. In: internationales literaturfestival berlin. Peter-Weiss-Stiftung für Kunst und Politik, 2006, abgerufen am 27. Juli 2024.
↑Institut du tout-monde: Prix Carbet - 1991. Abgerufen am 9. November 2021 (französisch).