Die parallel zur Küste Dalmatiens verlaufende Bahnstrecke verband Gabela an der Narentabahn mit dem damaligen Marinehafen Zelenika in der Bucht von Kotor (Bucht von Cattaro). Der Bau der Dalmatinerbahn erfolgte in erster Linie aus militärischen und strategischen Interessen. Aber auch der touristische Wert der Bahn war unbestritten.
Rivalitäten zwischen Österreich und Ungarn verhinderten die Anbindung des dalmatischen Hafens Split an die Eisenbahn. Als Ersatz wurde der Bau einer Abzweigung von Uskoplje nach Gruž[Anm. 2], dem Hafen von Dubrovnik[Anm. 3], an die Hand genommen. Der Bau dieser Flügellinie erfolgte aus wirtschaftlichen Interessen, denn die dalmatinische Hafenstadt Gruž bot zwar weniger Platz als Split, war aber im Gegensatz zu Metković an der Narentabahn mit großen Handelsschiffen erreichbar. Dubrovnik wünschte zum ersten Mal 1868 eine Bahnanbindung, traf aber vor der Okkupation Bosniens auf geringe Zustimmung in Wien.
Die Stichstrecke von Hum nach Trebinje wurde für die Versorgung der an der montenegrinischen Grenze gelegenen Garnison errichtet und ermöglichte die Erschließung des dortigen Obst-, Tabak- und Weinanbaugebiets.
Bau und erste Betriebsjahre
1897 wurden die Planungs- und Aussteckungsarbeiten aufgenommen. Die Linienführung wurde nicht entlang der Küste gewählt, um die Bahn vor Artilleriebeschuss aus der Adria zu schützen. Der eigentliche Bau der Strecke begann ein Jahr später und war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Die klimatischen Bedingungen mit Höchsttemperaturen im Sommer und der eisigen Bora und sintflutartigen Regengüssen im Herbst und Winter gestalteten die Arbeiten äußerst schwierig. Im Narentatal kam es zum Ausbruch von Malaria unter den Bauarbeitern. Ab Hum musste ein wasserloses und unbewohntes Karstgebiet überwunden werden. Das Wasser für die Arbeiter und für den Betrieb der Dampflokomotiven konnte nur mittels tiefer Brunnen und Regenwasser in Zisternen beschafft werden.
Am 16. Juli 1901 wurde die Strecke Gabela–Hum–Uskoplje–Zelenica, am 17. Juli 1901 wurden die Strecken Hum–Trebinje und Uskoplje–Gruž im Beisein höchster Würdenträger aus Politik und Verwaltung eröffnet. Der Streckenabschnitt Čapljina–Hum–Trebinje/Uskoplje–Glavska gehörte den Bosnisch–Herzegowinischen Staatsbahnen (BHStB[Anm. 5]). Die Teilstücke Uskoplje–Zelenika und Glavska–Gruž standen im Eigentum der k.k. Staatsbahnen (kkStB), wurden jedoch von den BHStB betrieben. Die von Sarajevo nach Gruž verkehrenden Reisezüge waren mit komfortablen Wagenmaterial ausgestattet. Nach vier Betriebsjahren wurden auf der Dalmatinerbahn 126 000 Passagiere und 28 Millionen Bruttotonnen Güter transportiert. Im Güterverkehr stellte sich der Betrieb der steilen Strecke als kostspielig heraus. Trotzdem entwickelte sich der Hafen von Dubrovnik in Gruž zum Hauptumschlagort für bosnische Güter.
Erster Weltkrieg
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ein rascher Transport der Truppen und des Materials durch die Eisenbahn eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Kriegsführung. Die geringe Kapazität des bosnisch-herzegowinischen Schmalspurnetzes wurde zu Beginn des Ersten Weltkriegs offensichtlich. Die Ost- und Südgrenze Bosniens und der Herzegowina zählten zu den wichtigsten militärischen Operationslinien der österreichisch-ungarischen Offensive gegen Serbien und Montenegro. Fehlender Nachschub war eine wichtige Ursache dafür, dass ein Sieg nicht rasch erzielt wurde.[2]
Königreich Jugoslawien
Nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie kam die Dalmatinerbahn zu den Eisenbahnen des Königreichs Serbien, Kroatien und Slowenien (SHS)[Anm. 6] und später zu den Jugoslawischen Staatsbahnen (JDŽ/JŽ). Das bestehende Schienennetz wurde ergänzt und die Zweiglinie Hum–Trebinje am 20. November 1931 um 42,3 Kilometer nach Bileća verlängert. Am 12. Juli 1938 konnte die 71,3 Kilometer lange Fortsetzung nach Nikšić dem Verkehr übergeben werden.
Sozialistisches Jugoslawien
Ab 1948 wurde die Strecke noch einmal hinter Nikšić bis Podgorica verlängert.
Dort bestand damals Anschluss an die Antivari-Bahn, die allerdings in ihrem nördlichen Abschnitt in der Spurweite von 600 mm ausgeführt war.[3] Das Netz der Dalmatinerbahn hatte damit seine größte Ausdehnung erreicht, was aber nur etwa 15 Jahre währte. Die Bahn litt zunehmend unter der Konkurrenz durch den Straßenverkehr. Die Hauptlinien des jugoslawischen Schmalspurnetzes wurden auf Normalspurumgespurt, so etwa 1965 auch die Strecke Nikšić–Podgorica. In den letzten Betriebsjahren betrug die Fahrzeit der schnellsten Züge zwischen Čapljina und Dubrovnik knapp drei Stunden (Durchschnittsgeschwindigkeit 44 km/h) und zwischen Čapljina und Nikšić 6:40 Stunden (Durchschnittsgeschwindigkeit: 39 km/h).[4]
Ein anderer Teil der Strecken wurde aufgegeben. Titos Ambitionen galten einer besseren Anbindung Belgrads ans Meer. Die in den 1960er Jahren geplante Bahnstrecke Belgrad–Bar führt statt über Sarajevo über Montenegro an die Adriaküste. Damit verlor die Dalmatinerbahn für den Transitverkehr an Bedeutung. Der letzte Zug nach Zelenika fuhr am 30. Juni 1968 und am 30. Mai 1976 nach Dubrovnik.
Streckenbeschreibung
Der 114 Kilometer lange herzegowinische Abschnitt nach Glavska begann in Gabela. Von Čapljina nach Gabela benutzten die Züge der Dalmatinerbahn das Gleis der Narentabahn mit. Kurz nach der Abzweigung überquerte die Bahn auf einer 130 Meter langen Eisenbahnbrücke die Narenta (Neretva) und nachher die Krupa. Mit Hilfe einer Kehrschleife überwanden die Züge einen Höhenzug, um anschließend mit einem Gefälle von 12 bis 17 Promille bei Hutovo ins Trebišnjica-Tal zu gelangen. Auf diesem Abschnitt führte die Bahn über mehrere große Dämme, durch Felseinschnitte und Tunnels. Die Trasse folgte auf der rechten Talseite der Trebišnjica, um vor deren Überschwemmungen geschützt zu sein, und gelangte bei Turkovići in das Popovo Polje. Bei Poljice hatte die Dalmatinerbahn das Ende des Popovo Polje erreicht und folgte der Trebišnjica weiter nach Hum, wo die 16,6 Kilometer langen Stichstrecke nach Trebinje abzweigte.
Die Stammstrecke verließ bei Hum das Trebišnjica-Tal. Bei Uskoplje verzweigte die Bahn. Eine Stichstrecke mit 16,5 Kilometer Länge überquerte die Grenze zu Dalmatien und führte hinunter zum dalmatischen Adriahafen in Gruž, wozu sie die Hilfe eines 276 Meter langen Kehrtunnels und einer Kehrschleife in Anspruch nahm. Die Hauptstrecke führte weiter nach Glavska, um dort den höchsten Punkt der Strecke und die Grenze zu Dalmatien zu erreichen.
Vom Hochplateau von Glavska führte das 53,4 Kilometer lange dalmatische Teilstück zunächst mit 20 bis 25 Promille Gefälle durch einen 410 Meter langen Kehrtunnel und einer Kehrschleife nach Čilipi hinunter. Von Gruda stieg die Trasse wieder mit 25 Promille an, um einen Höhenrücken von 185 Metern Meereshöhe zu überwinden. Die letzten Kilometer führten hinunter zum Endbahnhof Zelenika an der landschaftlich reizvollen Bucht von Kotor.
Heutige Nutzung
Ein Großteil der Trasse wird als Fahrweg genutzt. Andere Abschnitte dienen als Zufahrtsstraßen zu Wohnhäusern und wurden asphaltiert. Auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände von Gruž befinden sich der Busbahnhof und Anlagen des Fährhafens. Das Teilstück zwischen Igalo und Zelenika dient heute als landschaftlich attraktive Fußgängerverbindung entlang der Adriaküste.
Bildergalerien
Aufnahmen aus der Betriebszeit
Lokomotive JŽ 83-146 mit einem Personenzug in Čapljina, 1968.
In Uskoplje zweigte die Zweigstrecke nach Gruž ab.
Der Hafen Gruž bei Dubrovnik entwickelte sich zu einem wichtigen Umschlagsplatz.
Nach Zelenika fahrender Reisezug mit Vorspann bei Cavtat.
Bei Herceg Novi bot die Bahn einen reizvollen Ausblick auf den Hafen und das Meer.
Die Endstation Zelenika war der südlichste Bahnhof der Donaumonarchie.
Nachnutzung der Infrastruktur
Die Narenta-Brücke bei Gabela dient nun dem Straßenverkehr.
Slavko Burzanović, Branislav Kovačević, Branislav Marović, Marijan Mašo Miljić, Šerbo Rastoder: 100 godina željeznice Crne Gore (100 Jahre Eisenbahn in Montenegro). Podgorica 2009 (serbisch).
Keith Chester: The Narrow Gauge Railways of Bosnia-Hercegovina. Stenvalls, Malmö 2006, ISBN 91-7266-166-6.
Keith Chester: Bosnia-Hercegovina Narrow Gauge Album. Stenvalls, Malmö 2010, ISBN 978-91-7266-176-9.
Keith Chester: The Railways of Montenegro. The Quest for a Trans-Balkan-Railway. Frank Stenvalls, Malmö 2016. ISBN 978-91-7266-194-3