Das Commonwealth of Nations ist eine Vereinigung unabhängigerStaaten, die heute als Nachfolger des British Empire gesehen werden kann. Die Institutionalisierung des British Commonwealth of Nations war Anfang des 20. Jahrhunderts eine Reaktion des Vereinigten Königreiches auf die Autonomiebestrebungen seiner Dominions (Kanada, Südafrika, Australien und Neuseeland) und sollte diese dadurch an das Empire binden.
Im Balfour-Bericht vom 18. November 1926 wurde festgelegt, dass die Dominions autonome Gemeinschaften innerhalb des British Empires sind. Alle haben die gleichen Rechte, sind in keiner Weise anderen untergeordnet, aber als Mitglieder des Commonwealth verbunden durch die Treue zur Krone („autonomous Communities within the British Empire, equal in status, in no way subordinate one to another in any aspect of their domestic or external affairs, though united by a common allegiance to the Crown, and freely associated as members of the British Commonwealth“). Nochmals niedergeschrieben wurde der Status der Mitgliedstaaten am 11. Dezember 1931 im Statut von Westminster. Im Commonwealth gab es keine festgesetzten Statuten und keine Verfassung. Rein konstitutionell gesehen bestand die einzige Verbindung zwischen dem Vereinigten Königreich und den Dominions in der Treue zur Krone.
Mit den Beitritten von Indien (1947), Ceylon (heute Sri Lanka) (1948) und Pakistan (1949), die vor ihrer Unabhängigkeit zu Britisch-Indien gehörten, entstand das moderne Commonwealth(New Commonwealth). Diese Veränderungen wurden in der Erklärung von London am 28. April 1949 festgehalten. 1952 wurden die bisherigen Dominions umbenannt in Commonwealth Realms. 1957 trat mit der ehemaligen britischen KolonieGoldküste/Ghana erstmals ein zentralafrikanisches Land dem Commonwealth bei.
Das Commonwealth wurde schließlich zu einem „Auffangbecken“ für die ehemaligen britischen Kolonien, wobei es seit der Ausrufung der Republik in Indien 1950 nicht mehr zwingend ist, dass ein Mitgliedsstaat den britischen König oder die britische Königin auch als sein eigenes Staatsoberhaupt anerkennt. Innerhalb von wenigen Jahren verdoppelte sich die Anzahl der Mitglieder. Bestand die Organisation 1955 noch aus acht Mitgliedern, so waren es 1964 bereits 20. Infolge dieser Erweiterung wurde 1965 das Commonwealth Secretariat gegründet. Aus dem Commonwealth of Nations wurde im Zuge dieser Entwicklung die multiethnische und multikulturelle Organisation, die sie heute darstellt. Seit den Beitritten Mosambiks (1995), Ruandas (2009) sowie Gabuns und Togos (beide 2022) sind auch Länder vertreten, die nie zum Britischen Reich gehörten, sondern portugiesische, belgische, französische oder deutsche Kolonie bzw. als Mandatsgebiet des Völkerbundes und später UN-Treuhandgebiet unter belgischer oder französischer Verwaltung waren. Die Motivation von Staaten, die nie britische Kolonie waren, dem Commonwealth beizutreten, liegt vor allem darin, damit Anschluss an eine größere anglophone Gemeinschaft zu gewinnen und sich aus der Abhängigkeit von der früheren Kolonialmacht zu lösen.[1][2]
Bis 1962 galten Commonwealth-Bürger generell als British Subject und waren somit auch zur Einwanderung nach Großbritannien berechtigt. Dieses Recht endete mit dem Commonwealth Immigrations Act im Jahr 1962.
Commonwealth heute
Das Commonwealth of Nations umfasst 56 Mitgliedstaaten, von denen 15 (die sogenannten Commonwealth Realms) in Personalunion verbunden sind (Stand: November 2021). Formal sind die Kronen der 15 Commonwealth Realms getrennt, dennoch ist die britische Monarchie die prominenteste. Um die eigene Souveränität zu betonen, wird aber seit den 1970er-Jahren z. B. in Kanada, Australien und Neuseeland mit Bezug auf das eigene Staatsoberhaupt nicht mehr vom britischen König, sondern offiziell von dem King of Canada, King of Australia, King of New Zealand gesprochen.
Heute leben 29,4 Prozent der Weltbevölkerung (rund zwei Milliarden Menschen) in Mitgliedstaaten des Commonwealth: Indien ist dabei mit Abstand das bevölkerungsreichste Mitglied mit über 1,4 Milliarden Menschen. Zu den bevölkerungsreichsten Mitgliedern des Commonwealth gehören unter anderem noch Pakistan mit etwa 231 Millionen Einwohnern, Bangladesch mit 170 Millionen und Nigeria mit über 210 Millionen. Aber auch Staaten wie die Inselkette Tuvalu, auf der nur etwa 11.700 Menschen leben, gehören dem Bund an.
Das kumulative Bruttoinlandsprodukt (BIP) der 56 Mitgliedstaaten lag 2022 bei 13 Billionen US-Dollar und war damit mehr als doppelt so hoch wie das BIP Japans (ca. 5 Bio. US-Dollar), aber deutlich kleiner als das BIP der Vereinigten Staaten (23 Bio. US-Dollar). Größte Volkswirtschaft war Indien (3,5 Bio. US-Dollar), gefolgt vom Vereinigten Königreich (3,4 Bio. US-Dollar), Kanada (2,2 Bio. US-Dollar) und Australien (1,7 Bio. US-Dollar). Das Vereinigte Königreich wickelte 2020 etwa 8,7 % seines Außenhandels mit den Commonwealth-Staaten ab, was anteilig etwa dem Handel mit Deutschland entsprach.[2]
Wenn ein Commonwealth-Mitgliedstaat beschließt, eine Republik zu werden, tritt er damit formell aus dem Bund aus. Anschließend stellt dieser Staat einen Antrag auf Wiederaufnahme, der automatisch gewährt wird. Die Republik Irland verzichtete nach ihrem Austritt aus dem Commonwealth – welcher am 18. April 1949 im Ireland Act 1949 akzeptiert wurde – darauf, sich um eine Wiederaufnahme zu bewerben.
Organisation
Das Commonwealth Office in London ist die Zentrale dieser Staatenverbindung sui generis. Ähnlich wie bei der UNO in New York entsendet jeder Mitgliedstaat einen Vertreter dorthin, sodass ein ständiger Informationsaustausch stattfinden kann. Zusätzlich treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Commonwealth-Länder alle zwei Jahre zu einem einwöchigen Gipfeltreffen. Hierbei werden wichtige politische und wirtschaftliche Fragen sowie die Weltlage diskutiert. Auch Sanktionen gegen einzelne Staaten, wie beispielsweise 2001 gegen Simbabwe[3], werden hier beschlossen. Am 22. November 2007 hat ein Komitee der Außenminister beschlossen, Pakistan so lange von den Sitzungen auszuschließen, bis die Demokratie wiederhergestellt sei und das Gesetz in dem Land wieder gelte.[4] Am 1. September 2009 gab der Generalsekretär Kamalesh Sharma den Ausschluss Fidschis bekannt, nachdem dessen Regierung zuvor die Rückkehr zur Demokratie nach dem Putsch von 2006 verweigert hatte.[5] Die Fidschi-Inseln waren bereits im Juni 2000 aus ähnlichen Gründen von der Versammlung suspendiert worden.[6]
Der CHOGM-Gipfel (englisch: Commonwealth Heads of Government Meeting) findet traditionell jedes zweite Jahr in einem anderen Mitgliedstaat statt. Jener wird traditionell durch den britischen Monarchen (bis 2022 Elisabeth II.), als Oberhaupt des Commonwealth oder wie zuletzt in Ruanda durch dessen Erben und damaligen Vertreter Prinz Charles eröffnet. Die Rolle des Monarchen ist jedoch eine rein symbolische, weshalb die tagespolitische Arbeit in der Führung des Commonwealth von einem Generalsekretär wahrgenommen wird, der von den Regierungschefs der Mitgliedstaaten gewählt wird. Zurzeit ist dies Patricia Scotland. Daneben gibt es einen amtierenden Vorsitzenden der Staatengemeinschaft. Als solcher fungiert der Regierungschef des Landes, in dem das Gipfeltreffen stattfindet; seine Amtszeit läuft bis zum nächsten Gipfel. Seit 2022 hat diese Position Paul Kagame, der Präsident Ruandas, inne.
Bei dem Gipfeltreffen kommen wichtige Staats- und Regierungschefs oder deren Vertreter zusammen und besprechen dort gemeinsamen relevante Themen. Bis 1972 hieß die Zusammenkunft Commonwealth Prime Ministers’ Conference, bei der jedoch nur die wichtigsten Premierminister aus den Dominien zusammenkamen.
Ist eine Organisation, ähnlich dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, der sich um die Errichtung, Bebauung und Betreuung von Soldatenfriedhöfen kümmert. Mitglieder dieser Organisation sind Australien, Kanada, Indien, Neuseeland, Südafrika und das Vereinigte Königreich. Präsident ist Edward, 2. Duke of Kent, und als Cousin von Elisabeth II. Mitglied der königlichen Familie.
CSPOC
Die CSPOC (eng: Conference of Speakers and Presiding Officers of the Commonwealth) ist ein Treffen der Speaker einiger Commonwealth-Länder. Der Begriff Speaker fand in England 1377 als erstes Anwendung und wurde dann übers ganze Commonwealth verbreitet. Die Konferenz findet jeweils in einem anderen Land statt.[7]
Dabei handelt es sich um die weltweit drittgrößte internationale Sportveranstaltung mit insgesamt 72 teilnehmenden Nationen und Territorien (mit den britischen Überseegebieten). Begonnen werden diese alle viere Jahre stattfindenden Spiele mit der Queens Baton Relay, einem Staffellauf des Baton mit einer Nachricht der Queen durchs gesamte Commonwealth, ähnlich dem des olympischen Feuers. Traditionell vom Oberhaupt oder einem ihrer Vertreter aus der königlichen Familie, werden die Spiele dann eröffnet und am Ende geschlossen. Zurzeit nehmen bei den Spielen mehr als 6000 Athleten in über 20 verschiedenen Sportarten teil.
Der Begriff Hochkommissar (englisch: High Commissioner) bezeichnet den höchsten diplomatischen Vertreter eines Commonwealth-Landes in einem anderen Land des Commonwealth. Der Commonwealth of Nations umfasst derzeit 56 Mitgliedsstaaten, von denen 15 den britischen Monarchen als ihr Staatsoberhaupt anerkennen. Aus diesem Grund werden die diplomatischen Beziehungen zwischen diesen 56 unabhängigen Ländern nicht auf dem Niveau von Botschaftern, sondern von Hochkommissaren geführt.
Sowohl in den britischen Hochkommissariaten als auch in den Botschaften wurde jährlich der Geburtstag von Königin Elizabeth II. gefeiert. Dazu werden traditionell wichtige Politiker des jeweiligen Landes oder wichtige Vertreter aus Kunst, Kultur, Sport sowie anderen Alltagsbereichen eingeladen.
Mitglieder
56 Staaten sind gegenwärtig Mitglied[8] im Commonwealth of Nations (die Jahreszahlen nennen das Beitrittsjahr). Unter ihnen wird unterschieden zwischen Commonwealth Realms, die den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt haben, und sonstigen Mitgliedern:
MosambikMosambik (1995) – war nie – auch nicht partiell – Teil des britischen Kolonialreichs
NamibiaNamibia (1990) – war bis 1919 deutsche Kolonie und stand anschließend unter südafrikanischer Verwaltung. Einzig der Landesteil Walvis Bay war Teil des britischen Kolonialreichs.
NauruNauru (1999) – Bis 1886 britischer Besitz. 1886 bis 1919 deutsche Kolonie. Anschließend unter australischer Verwaltung.
NigeriaNigeria (1960) – Suspendierung (nach der Hinrichtung Ken Saro-Wiwas und 8 weiterer Bürgerrechtler) von 1995 bis 1999
PakistanPakistan (1947) – Austritt 1972, Wiedereintritt 1989, Suspendierung von 1999 bis 2004, erneute Suspendierung vom 22. November 2007 bis zum 12. Mai 2008
RuandaRuanda (2009) – war nie – auch nicht partiell – Teil des britischen Kolonialreichs
TansaniaTansania (1961) – Landesteil Tanganjika war bis 1919 als Teil Deutsch-Ostafrikas deutsche Kolonie und wurde dann britisches Mandats-/Treuhandgebiet.
TogoTogo (2022) – war nie – auch nicht partiell – Teil des britischen Kolonialreichs[13]
AngolaAngola – hat 2018 einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt,[14] war als ehemalige portugiesische Kolonie nie – auch nicht partiell – Teil des britischen Kolonialreichs
Ehemalige Mitglieder
NeufundlandNeufundland – 1931, seit 1934 nicht mehr eigenständiges Dominion, seit 1949 Teil Kanadas
TanganjikaTanganjika – 1961, schloss sich 1964 mit Sansibar zu Tansania zusammen
SimbabweSimbabwe – 1980, trat am 7. Dezember 2003 aus, vorausgegangen war am 20. März 2002 die Suspendierung; 2018 stellte Simbabwe einen Antrag auf Wiederaufnahme[2]
Gerhard Altmann: Abschied vom Empire. Die innere Dekolonisation Großbritanniens 1945–1985 (= Moderne Zeit. Band8). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-870-1 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Universität, Dissertation, 2003: Abschied vom Imperium.).
Claire Auplat: Les ONG du Commonwealth contemporain. Rôles, bilans et perspectives. L’Harmattan, Paris 2003, ISBN 2-7475-5513-5.
John Gareth Darwin: A Third British Empire? The Dominion Idea in Imperial Politics. In: Wm. Roger Louis (Hrsg.): The Oxford History of the British Empire. Band4: Judith M. Brown, Wm. Roger Louis (Hrsg.): The Twentieth Century. Oxford University Press, Oxford u. a. 1999, ISBN 0-19-820564-3, S.64–87.
Hessel Duncan Hall: Commonwealth. A history of the British Commonwealth of Nations. Van Nostrand Reinhold, London u. a. 1971, ISBN 0-442-02201-8.
William B. Hamilton, Kenneth Robinson, Craufurd D. W. Goodwin (Hrsg.): A Decade of the Commonwealth. 1955–1964 (= Commonwealth Studies Center. Publication. Band25). Duke University Press, Durham NC 1966.
Denis Judd, Peter Slinn: The Evolution of the Modern Commonwealth 1902–1980. Macmillan, London u. a. 1982, ISBN 0-333-30840-9.
Nicolas Mansergh: Das Britische Commonwealth. Entstehung – Geschichte – Struktur. Kindler, Zürich 1969.
Alex May (Hrsg.): Britain, the Commonwealth and Europe. The Commonwealth and Britain’s applications to join the European Communities. Palgrave, Basingstoke u. a. 2001, ISBN 0-333-80013-3.
Philip Murphy: The Empire’s New Clothes: The Myth of the Commonwealth. Oxford University Press, New York 2018, ISBN 978-0-19-091115-7.
Kenneth C. Wheare: The Constitutional Structure of the Commonwealth. Clarendon Press, Oxford 1960.