Das Cholesterinembolie-Syndrom tritt in zwei Formen auf:
Die akute Form ist Folge eines massiven Schauers von Cholesterinkristallen oder wiederholter Embolien aufgrund abrupten oder wiederholten Aufplatzens (Ruptur) instabiler Plaques.
Die chronische Form ist Folge einer kontinuierlichen Freisetzung von Cholesterinkristallen aus oberflächlich verletzten (erodierten) Plaques.
Häufigste Ursache ist eine Herzkatheteruntersuchung durch die Oberschenkelarterie, gefolgt von gerinnungshemmenden Medikamenten bei Fibrinolyse und Antikoagulation und chirurgischen Eingriffen an Herz und Gefäßen.
Durch Manipulation mit Kathetern können arteriosklerotische Plaques aufgerissen werden. Der weiche cholesterinhaltige Inhalt kann so in den Blutkreislauf gelangen.
Gerinnungshemmende Substanzen können zur Einblutungen in die Plaques und zu deren Aufbrechen führen, oder Thromben auflösen, welche rupturierte Plaque bedecken und den cholesterinhaltigen Inhalt freisetzen.
Das spontane Cholesterinembolie-Syndrom ist selten, der Verlauf in 2/3 der Fälle chronisch.
Das durch medizinische Maßnahmen verursachte (iatrogene) Cholesterinembolie-Syndrom tritt dagegen in über 90 % der Fälle akut oder subakut auf und hat eine schlechtere Prognose als das spontan auftretende.
Klinische Manifestationen
Das Cholesterinembolie-Syndrom führt in erster Linie zu einem akuten oder chronischen Nierenversagen, da die Niere der abdominellen Aorta, dem Ursprung der Cholesterinkristalle, am nächsten liegt und sehr stark durchblutet ist. Daneben finden sich meist systemische Symptome im Bereich der Haut, des Magen-Darm-Traktes (Gastrointestinaltrakt) und des Nervensystems. Charakteristische Veränderungen im Bereich der Haut sind Livedo reticularis, ein violetter netzförmiger Ausschlag im Bereich von Bauchwand und Beinen, kleine Einblutungen im Nagelbett und violette Zehen.
Symptome des Gastrointestinaltraktes sind Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, occultes oder sichtbares Blut im Stuhl. Im Bereich des Bewegungsapparates können Muskel- und Gelenkschmerzen auftreten. Bei Befall des Zentralnervensystems kann es zu Verwirrtheitszuständen, neurologischen Ausfällen und flüchtiger Erblindung (Amaurosis fugax) kommen.
Allgemeinsymptome wie Krankheitsgefühl, Fieber und Gewichtsverlust sind häufig.
Die Diagnose kann ohne eine feingewebliche Untersuchung gestellt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Auslösendes Ereignis (z. B. Herzkatheteruntersuchung),
Zeichen peripherer Embolien (z. B. typische Hautveränderungen) und
In Zweifelsfällen kann die Diagnose gesichert werden durch feingewebliche Untersuchung einer Gewebsprobe aus der Niere, der Haut oder dem Gastrointestinaltrakt. Bei einem Teil der Patienten kann die Diagnose durch eine Untersuchung des Augenhintergrundes mit Nachweis von Cholesterin-Emboli in den Gefäßen gestellt werden. Häufig kann so auf eine Nierenpunktion verzichtet werden.
Die histologische Untersuchung der Nierenbiopsie zeigt einen Verschluss von Arteriolen und glomerulären Kapillaren durch bikonvexe nadelförmige Spalten, aus denen die Cholesterinkristalle im Rahmen der Vorbereitung der Präparate zur Untersuchung gelöst wurden. Im weiteren Verlauf wandern neutrophile und eosinophile Granulozyten in die verschlossenen Gefäße ein, später Monozyten und mehrkernige Riesenzellen. Schließlich kommt es zum narbigen Verschluss des Gefäßes. Stromabwärts kommt es aufgrund der verminderten Durchblutung zur Vernarbung von Nierenkörperchen (Glomeruli) und Nierenkanälchen (Tubuli).
Prognose
Die Prognose des Cholesterinembolie-Syndroms ist schlecht. Etwa ein Drittel der Betroffenen bleibt auf Dauer von der Dialysebehandlung abhängig. Die 1-Jahres-Überlebensrate beträgt 83 %, nach zwei Jahren leben noch 75 % der Betroffenen.
Ungünstige prognostische Faktoren sind:
akuter oder subakuter Beginn mit raschem Nierenfunktionsverlust
Beteiligung von zusätzlichen Organen (extrarenale Manifestation), insbesondere von Beinen und Gastrointestinaltrakt
iatrogene Ursache (Auslösung durch eine medizinische Maßnahme)
Häufigste Todesursache sind Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (80 %), gefolgt von Infektionen (10 %) und Durchblutungsstörungen des Magen-Darm-Traktes, Pankreatitis und Kachexie.
Therapie
Die Gabe von Statinen verbessert die Prognose, auch wenn mit der Einnahme erst nach Diagnosestellung begonnen wurde. Dies ist möglicherweise auf die lipid-senkenden und entzündungshemmenden Eigenschaften der Statine zurückzuführen. Corticosteroide hatten keinen Effekt. Randomisierte, kontrollierte Studien wurden bislang nicht durchgeführt.
F. Scolari: The challenge of diagnosing atheroembolic renal disease clinical features and prognostic factors. In: Circulation. Nr.116, 2007, S.298–304 (circ.ahajournals.org).
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