Chmelnyzkyj (ukrainischХмельницькийanhörenⓘ/?; russischХмельницкийChmelnizki; ursprünglich Плоскиривцы / Ploskiriwzy; vom 18. Jahrhundert bis 1954 ukrainisch Проскурів / Proskuriw, russisch Proskurow, polnischPłoskirów) ist die Hauptstadt der gleichnamigen Oblast in der Ukraine mit etwa 274.000 Einwohnern, Industriestadt, kultureller Mittelpunkt der Oblast mit Theater, Philharmonie, Hochschule und Fachschulen.
Die Stadt wird vom Oberlauf des Südlichen Bugs durchflossen und liegt an der Eisenbahnhauptstrecke Lwiw–Odessa bzw. – Kiew. In der Stadt kreuzen sich die FernstraßenM 12 und N 03. Nach dem nordöstlich gelegenen Kiew sind es 278 Kilometer (Luftlinie) und nach Lwiw im Westen sind es 217 Kilometer.
Geschichte
Die erste Erwähnung der Stadt stammt aus dem Jahre 1431, als sie auf Ukrainisch Ploskyriw und auf Russisch Ploskurow hieß. Damals war sie ein kleines Dorf, aber schon im 16. Jahrhundert ein respektierter befestigter Ort, der im Chmelnyzkyj-Aufstand eine wichtige Rolle spielte.
Von 1780 bis 1954 hieß die Stadt auf Ukrainisch Proskuriw und auf Russisch Proskurow. Am 16. Januar 1954, dem 300. Jahrestag der von Moskau sog. Wiedervereinigung der Ukraine mit Russland, wurde Proskuriw zu Ehren von Bohdan Chmelnyzkyj (1595–1657), einem Ataman der Ukraine, Staatsmann, Truppenführer und Diplomaten, in Chmelnyzkyj umbenannt.
Die Stadt entwickelte sich seit dem 17. Jahrhundert bis zum Holocaust zu einem großen jüdischen Zentrum. Um 1900 betrug der jüdische Bevölkerungsanteil rund 49 %.[3]
Ende des 19. Jahrhunderts diente dort der bekannte russische Schriftsteller Alexander Iwanowitsch Kuprin (1870–1938) im 46. Dnepr-Infanterieregiment als Unteroffizier. Die damals gesammelten Eindrücke und Beobachtungen lieferten ihm den Stoff für seine ErzählungDas Duell. Chmelnyzkyj ist als Proskurow einer der beiden Schauplätze der Kriegserzählung Unruhige Nacht von Albrecht Goes aus dem Jahr 1950.
Im 20. Jahrhundert begann sich in der Stadt eine Industrie zu entwickeln. In großem Umfang entstanden vor allem nach Ende des Zweiten Weltkriegs Industriebetriebe und Wohnhäuser, Lehranstalten und Kulturstätten. In Chmelnyzkyj befindet sich einer der größten Märkte der Ukraine, auf dem fast alles von Kleidung bis Elektronik erhältlich ist. Dort verdienen viele Einwohner ihren Lebensunterhalt. Die meistgesprochene Sprache ist Ukrainisch, wobei der Einfluss der Russischen auf den Wortschatz deutlich zu erkennen ist.
Auf dem Bahnhofsplatz wurde ein Denkmal Bohdan Chmelnyzkyjs errichtet.
Die Stadt erhielt am 15. April 2021 den Europapreis des Europarates für ihre herausragenden Bemühungen um den europäischen Einigungsgedanken.[6]
Während des Ukrainekriegs ereigneten sich am 13. Mai 2023 zwei gewaltige Explosionen in der Stadt, über der ein riesiger Feuerball emporstieg, der einen kilometerhohen Rauchpilz bildete. Beobachtern zufolge wurde ein Munitionsdepot von russischen Kampfdrohnen getroffen. Nach Angaben des Bürgermeisters, Oleksandr Symtschyschhyn, gab es durch die Druckwelle etwa 30 Verletzte.[7]
Verwaltungsgliederung
Am 12. Juni 2020 wurde die Stadt zum Zentrum der neugegründeten Stadtgemeinde Chmelnyzkyj (Хмельницька міська громада Chmelnyzka miska hromada). Zu dieser zählen auch die 23 in der untenstehenden Tabelle aufgelisteten Dörfer sowie die Ansiedlung Bohdaniwzi[8]; bis dahin bildete sie die gleichnamige Stadtratsgemeinde Chmelnyzkyj (Хмельницька міська рада Chmelnyzka miska rada) im Zentrum des Rajons Chmelnyzkyj.
Folgende Orte sind neben dem Hauptort Chmelnyzkyj Teil der Gemeinde:
Proskurov, in: Guy Miron (Hrsg.): The Yad Vashem encyclopedia of the ghettos during the Holocaust. Jerusalem : Yad Vashem, 2009, ISBN 978-965-308-345-5, S. 613 f.
↑Meyers Konversationslexikon, 6. Auflage Leipzig - Wien 1908, Band 16, Stichwort „Proskurow“
↑P. R. Magocsi: Historical Atlas of Central Europe. University of Washington Press, Seattle 2002, S. 109.
↑ abJean-Jacques Marie: Pogrome im Russischen Bürgerkrieg. In: Barbara Bauer Dororthee d’Aprile (Hrsg.): Le Monde diplomatique. Nr.12/25. TAZ/WOZ, Dezember 2019, ISSN1434-2561, S.20f. (übersetzt von Andreas Bredenfeld; Jean-Jacques Marie ist Autor des Buches L'Antisémitisme en Russie. De Catherine II à Poutine. Éditions Tallandier, Paris 2009; in diesem Artikel zitiert Jean-Jacques Marie insbesondere auch weiter: Lidia Miliakova, Nicolas Werth (Hrsg.): Le Livre des pogroms. Antichambre d'un génocide: Ukraine, Russie, Biélorussie – 1917–1922. Éditions Calmann-Lévy/Mémorial de la Shoah, Paris 2010).