Cesar Bresgen (* 16. Oktober1913 in Florenz; † 7. April1988 in Salzburg) war ein österreichischer Komponist, Hochschullehrer und Buchautor. Er schuf Orchester-, Orgel- und Chorwerke sowie Bühnenwerke wie Opern und Ballette und gab Folklorewerke heraus.
Im Jahr 1936 heiratete Bresgen die Münchnerin Hilde Helmberger.[2] Von 1936 bis 1938 war er beim Reichssender München beschäftigt. 1939 wurde er Professor für Komposition an der Salzburger Hochschule für Musik Mozarteum. Er leistete Pionierarbeit beim Aufbau des Jugendmusikschulwerkes und schuf zahlreiche Vokalwerke für die Hitlerjugend. Im Zweiten Weltkrieg war Bresgen bis 1944 UK-gestellt, musste aber in der Endphase des Krieges nach der Schließung des Mozarteums 1944/45 Kriegsdienst leisten, wobei er als Funker eingesetzt wurde.[1]
Die Zeit nach dem Krieg verbrachte er als Organist und Chorleiter in Mittersill. Dort begegnete er 1945 Anton Webern, was einen tiefen Eindruck bei ihm hinterließ.[3] 1947 erhielt er auf Fürsprache von Carl Orff und Eberhard Preußner bei der US-amerikanischen Militärregierung neuerlich eine Lehrstelle am Mozarteum, schließlich ab 1950 eine ordentliche Professur für Komposition.[1] 1956 heiratete Bresgen in zweiter Ehe die Pianistin Eleonore Jorhan, mit der er sich in Großgmain bei Salzburg niederließ. Im Jahr 1976 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis. Bresgen war unter anderem Mitglied des Österreichischen Kunstsenats. Er unternahm Vortrags- und Konzertreisen, auch nach Übersee und nach Asien.[4]
Ähnlich wie der mit ihm befreundete Carl Orff arbeitete Bresgen mit starkem pädagogischem Engagement. Als Herausgeber machte er sich um die Lieder des Mönchs von Salzburg verdient und legte Sammlungen von Volksliedern vor. Als Buchautor schrieb er zu Themen wie Improvisation und Rhythmus, veröffentlichte aber auch Gedichte und Erinnerungen.[5]
Engagement im Nationalsozialismus
Seit 1934 war Bresgen Mitglied der Hitlerjugend (HJ), in der er bis zum Obergefolgschaftsführer (1943) aufstieg. Er wirkte zunächst in der HJ-Rundfunkspielschar München mit. 1935 wurde er Mitglied des NS-Lehrerbundes und gründete darin ein Kammerorchester. 1937 wurde er zusätzlich Mitglied der Nationalsozialistischen Kulturgemeinde München und arbeitete im Kulturamt der Reichsjugendführung mit. 1939 wurde er in Salzburg Leiter der Mozartspielschar der Hitlerjugend. Bresgen war kein NSDAP-Mitglied, da er nicht den geforderten Ariernachweis erbrachte.[1] Nach einem Selbstzeugnis war er aber eifriger Nationalsozialist.[6]
Neben Volksliedbearbeitungen und Liedern für die HJ, zu denen auch „neuheidnische“ Weihnachtslieder gehörten,[7] schrieb er NS-Feiermusiken wie Jahreslaufkantaten,[8] die Kantate Kindelfest (die die Geburt eines Kindes auf einem Bauernhof feierte) sowie erste Opern.[9] 1942 komponierte er das Oratorium Der Strom auf einen Text von Hans Baumann. Am 10. Juni 1944 wurde seine vom SS-Hauptamt in Auftrag gegebene Bläserfanfare anlässlich der Ausstellung Deutsche Künstler und die SS in Salzburg uraufgeführt,[10] die seine Bläsermusik von 1938 wieder aufnahm.[9] Während seines Kriegsdienstes 1944 komponierte er eine Soldaten-Weihnacht für Chor und Instrumente.[10] Der Historiker Michael H. Kater bewertete Bresgen aufgrund seiner Produktivität und seiner Resonanz als fleißigsten und populärsten Komponisten der HJ. Mehrere Preise und Auszeichnungen, die Bresgen ab 1936 erhielt, werden als Beleg angeführt.[11]
Im Februar 1939 wurde Bresgen zum Leiter der Musikschule für Jugend und Volk am Mozarteum ernannt; 1944 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Von dort aus unternahm er seit 1939[12] den Versuch, im Salzburger Raum sogenannte Spielscharen zu etablieren, die von Fritz Jöde geleitet wurden und für Auftritte bei den HJ-Kulturtagen zur Verfügung standen. 1943 übernahm Bresgen die Leitung der Mozart Spielschar. Die Arbeit mit den Spielscharen wurde bis zum Jahre 1944 fortgesetzt, als Bresgen alle Kompetenzen für die nationalsozialistische Jugendarbeit entzogen wurden.[13]
Dornröschen oder Die drei Urewigen (1940/1941), Oper in 4 Akten, Libretto von Otto Reuther und Cesar Bresgen (Uraufführung 1942 in Straßburg)
Das Urteil des Paris (1941/1942), musikalische Komödie in einem Akt, Libretto von Otto Reuther (UA 1943 in Deutschland)
Paracelsus (1943), Oper in 5 Akten, Libretto nach Paracelsus
Die schlaue Müllerin (1943), Ballett mit Sprechstimme
Der Igel als Bräutigam (1948, revidiert 1980), Oper in 5 Bildern, Libretto von Ludwig Strecker und Cesar Bresgen (UA 1948 in Esslingen und am 13. November 1951 in Nürnberg)
Brüderlein Hund (1953), Kinderoper in 3 Bildern, Libretto von Ludwig Strecker (UA 1953 in Salzburg)
Der Hochzeitsflug. Niño fliegt mit Niña (1954), Insekten-Komödie für Kinder in 7 Bildern
Der ewige Arzt (1955), Mysterienspiel in 6 Bildern
Ercole (1956), Opernkurzspiel
Christkindl-Kumedi (1959)
Der Mann im Mond (1960), musikalisches Märchen in 6 Bildern, Libretto von Ludwig Strecker und Cesar Bresgen (UA am 22. Mai 1960 im Nürnberger Schauspielhaus)
Das verlorene Gewissen (1961), Ballett
Die Schattendiebe (1961), Singspiel für Kinder in 5 Bildern
Salzburger Passion (1963/1964), Passionsspiel
Bastian, der Faulpelz (1965), Pantomime
Urständ Christi (1969), Osterspiel
Trubloff (1969, revidiert 1984), Singspiel in 3 Akten
Der Engel von Prag (1970, revidiert 1977 und 1985), Oper in 3 Akten, Libretto von Cesar Bresgen nach Leo Perutz (UA am 25. Dezember 1978 im Salzburger Festspielhaus und 1986 in Innsbruck)
Von der Unruhe des Menschen (1953), Kantate für Sopran, Tenor, Chor und Orchester, Texte nach dem Buch Hiob, Georg Trakl und Cesar Bresgen
Ja, wir sind Widerhall (1968), Kantate für Sopran, Bariton, Kinderchor, Streichquartett und Orgel, Texte von William Shakespeare und Hans Carossa
Surrexit Dominus (1970), Konzertfassung der Urständ Christi
Surrexit Dominus (1971), Oratorium
Totenmesse (1971/1972) für Chor und Orgel, Text von Huub Oosterhuis
De tempore (1974), Oratorium für 3 Solostimmen, Chor und Orchester
Der Herr ist mein Licht (1978), Kantate
Von Wäldern und Zigeunern (1980) für Sprechstimme und Gitarre, Texte von H. C. Artmann
Das Spiel vom Menschen (1982), szenisches Oratorium
Magnalia Dei (1986), sinfonische Metamorphosen für Sprecher und Orchester, Texte von Paracelsus
mehrere Liedzyklen für Solostimme und Klavier
mehrere Liedsammlungen für Laiensänger, darin die Lieder Mich brennt’s in meinen Reiseschuh’n[17] und O du stille Zeit[18] auf Texte von Joseph von Eichendorff und der Kanon Lachend kommt der Sommer
zahlreiche Volkslied-, Kinderlied- und Weihnachtsliedsätze[19]
Instrumentalwerke
für vier und mehr Instrumente:
Capriccio fiorito, für Blockflötenquartett
Divertimento (1957) für Violine, Oboe, Klarinette, Posaune und Klavier
Festliche Rufe (1938) für Blechbläser
Fluturas, für Blockflötenquartett und Gitarre
3 Hymnen „Media in vita“ (1981) für 16 Bläser
Intraden (1935) für Blechbläser
Klavierquartett (1966)
Klarinettenquartett „umrem, umrem“ (1966) für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier, UA Linz 1970
Musica Matutina (1974) für Blockflötenquartett
Salzburger Divertimento (1965) für Bläserquintett, UA München 1969
Sonata a cinque (1980) für Querflöte, Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier, UA Salzburg 1981
Spanische Suite (1986) für 5 Blockflöten
3 Streichquartette (1948–1971)
Stornelli für Blockflötentrio und Gitarre
Suite „Bilder des Todes“ (1965/1966) für 2 Klaviere, Pauken und Schlagzeug, UA Wien 1967
Toccata „Der Benzenawer“ für Orgel, Blechbläser, Pauken und Schlagzeug, UA 1971 in Kufstein
Trauermusik „Lacrimae sunt rerum“ (1978) für Orgel, Querflöte, Blechbläser, Pauken und Schlagzeug, UA Wien 1978
für drei Instrumente:
Sonate (1934) für Klaviertrio
Sonatine über altdeutsche Liebeslieder (1939) für 2 Altblockflöten und Klavier
Trio (1939) für Querflöte, Klarinette und Fagott
Sonate (1940) für 2 Violinen und Klavier
2 Trios (1945–1960) für Querflöte, Violoncello und Klavier
2 Klaviertrios (1948–1972)
Serenade (1949) für Querflöte, Horn und Harfe
Concetti (1974) für Querflöte, Harfe und Viola
Quattro pezzi (1982) für 2 Violinen und Klavier, UA Wien 1982
Triosonate (1985) für Querflöte, Trompete und Orgel, UA Wien 1988
3 Sonaten (1934–1946) für Viola und Klavier (1934, 1937 und 1946)
Sonate (1944) für Flöte und Klavier
Toccata und Trauermusik (1946) für Violine und Orgel
Totentanz nach Holbein (1946/1947) für 2 Klaviere, UA Salzburg 1948
4 Pantomimen (1949) für Violine und Klavier, UA Salzburg 1950
Sonatine (1951) für Sopranblockflöte und Klavier
Rumänische Suite (1956) für Violine und Klavier
Studies VI „Die kleinen Tag- und Nachtstücke“ (1962) für Violine und Klavier
Prager Sonatine (1967) für Sopranblockflöte und Klavier
Studies II und Studies III (1968) für Klarinette und Klavier
Studies IV (1968) für Querflöte und Klavier
Studies V (1968) für Violoncello und Klavier
4 Capriccios (1970) für Querflöte und Harfe, UA Luxemburg 1971
Geigenheft für Klausi (1975) für Violine und Klavier
Elegie (1985) für Querflöte und Orgel, UA Erl 1985
Sinfonische Metamorphosen „Magnalia Dei“ (1987) für Sprecher und Orgel, Texte von Paracelsus, UA Wien 1991
für ein Instrument:
Impressionen (1928–1930) für Klavier
Toccata Paschalis (1932–1969) für Orgel, UA Frankfurt 1970
Holbein-Suite (1946) für Klavier, UA Salzburg 1948
Toccata und Fuge (1948) für Orgel
Balkanstudien (1963/1964) für Klavier
Malinconia (1968) für Gitarre
Studies I (1968) für Klavier
Hosanna filio David (1969) für Orgel
Studies VII „Romanesca“ (1971) für Klavier
2 Epitaphe (1973) für Orgel, UA Seckau 1973
Epitaph III „Alpha es et O …“ (1979) für Orgel, UA Amriswil 1979
zahlreiche weitere Klavier- und Orgelstücke
Schriften
Die Improvisation, Heidelberg 1960 (Quelle & Meyer)
Der Komponist und die Volksmusik, Wien 1970 (Universal-Edition)
Das Pilzjahr. Gedichte und Aquarelle, Graz 1973 (Styria)
Die Improvisation in der Musik, Wilhelmshaven 1974 (Heinrichshofen)
Musikerziehung? Ein kritisches Protokoll, Wilhelmshaven 1975 (Heinrichshofen)
Passionslied in Salzburg. Eine Dokumentation mit Text und Notenteil, Salzburg 1975 (Winter)
Der Künstler, stellvertretend für die Gesellschaft. Die soziologische Funktion der zeitgenössischen Musik, Wien 1976 (Doblinger)
Im Anfang war der Rhythmus …, Wilhelmshaven 1977 (Heinrichshofen)
Europäische Liebeslieder aus acht Jahrhunderten / in Originalsprache und Übertragung mit den dazugehörigen Melodien / gesammelt und kommentiert von Cesar Bresgen, München 1978 (Heimeran)
Mittersill 1945 – Ein Weg zu Anton von Webern, Wien 1983 (Österreichischer Bundesverlag)
Lieder, Gesang und Jodler. Alpenländische Volkslieder aus Österreich. A&M, Salzburg 2006 (zuerst 1946)
Rudolf Lück: Cesar Bresgen (= Komponisten unserer Zeit. Band21). Lafite, Wien 1974, ISBN 3-215-61104-X.
Bresgen, Cesar. In: Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 149–150.
Isolde Schmid-Reiter: Das musikdramatische Werk Cesar Bresgens. Dissertation Universität Wien 1989.
Thomas Hochradner, Thomas Nußbaumer (Hrsg.): Cesar Bresgen. Komponist und Musikpädagoge im Spannungsfeld des 20. Jahrhunderts (= Wort und Musik. Band59). Mueller-Speiser, Anif-Salzburg 2005, ISBN 3-85145-095-7.
Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 757–785. online
Cesar Bresgen: Der HJ-Führer und die „totale Erziehung“. In: Johannes Hofinger: Nationalsozialismus in Salzburg. Opfer. Täter. Gegner. 2. Auflage. Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2018 (= Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern. Band 5; Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg. Band 44), ISBN 978-3-7065-5211-0, S. 165–167.
Verlagshinweis auf die Veröffentlichung Cesar Bresgen von Rudolf Lück auf musikzeit.at, aufgerufen am 3. Februar 2012
Artikel der Österreichischen Musikzeitschrift (PDF; 688 kB) anlässlich der Verleihung des Österreichischen Staatspreises 1968 auf musikzeit.at, aufgerufen am 3. Februar 2012
↑Die Beschäftigung mit Webern führte im Spätwerk zu einer stilistischen Neuorientierung (etwa im Oratorium De tempore 1974 und in der Oper Der Engel von Prag 1977).
↑Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 149.
↑Michael H. Kater: Die mißbrauchte Muse. Musiker im Dritten Reich. Europa-Verlag, München und Wien 1998. Zitiert nach der englischen Ausgabe The Twisted Muse. Musicians and Their Music in the Third Reich. Oxford University Press, New York und Oxford 1997, S. 143.
↑Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 772.
↑Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 770.
↑ abMichael H. Kater: The Twisted Muse, S. 143–145.
↑ abFred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 782.
↑Michael H. Kater: Die mißbrauchte Muse, S. 280; The Twisted Muse, S. 146.
↑Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 758, 773.
↑O du stille Zeit auf volksliederarchiv.de, aufgerufen am 19. Februar 2016.
↑Vgl. etwa Cesar Bresgen und Hubert Zanoskar: Lied- und Gitarrenspiel. Volks- und Tanzlieder für Gesang und Gitarre. 2 Hefte. Schott, Mainz 1966 (= Edition Schott Band 5414/5415) sowie Cesar Bresgen: Es ist ein Ros entsprungen. Eine Weihnachtskantate für gemischte Stimmen und Instrumente. Schott, Mainz 1938 (= Edition Schott, Band 2920).