Entsprechend haben die Bezeichnungen der Castas in der Regel auch herabsetzenden Charakter. Rechtlich waren sie etwa in Mexiko den Indios untergeordnet, deren Rechte geschützt wurden. Heute sind diese Bezeichnungen kaum noch gebräuchlich. Sie spiegeln das soziale Gefüge der Gesellschaften Lateinamerikas wider, wie es bis weit ins 20. Jahrhundert hinein bestand.
Im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, entwickelte sich in Neuspanien (Mexiko) die folgende Klassifizierung von Eltern und Nachkommen:
Spanier und Indígena – mestizo
Schwarzer und Indígena – zambo/lobo
Schwarzer und Zamba – zambo prieto
Weißer und Schwarzer – mulato
Mulattin und Weißer – morisco
Spanier und Morisco – albino
Albino und Weißer – saltatrás (oder saltapatrás)
Indio und Mestize – coyote
Weißer und Coyote – harnizo
Coyote und Indio – chamizo
Morisco und Spanierin – chino
Chino und Indianerin – cambujo
Cambujo und Indianerin – tente en el aire
Tente en el aire und Chino – no te entiendo
Mulatte und Tente en el aire – albarazado
Die Zugehörigkeit zu einer der höheren Castas war Voraussetzung für die Aufnahme in einen geistlichen Orden oder die Berufung in ein öffentliches Amt. Sie musste nach den Vorschriften des Nachweises der Limpieza de sangre („Blutsreinheit“) belegt werden, einer im spätmittelalterlichen Spanien entstandenen Norm, nach der Marranen und Moriscos aus den verschiedenen Eliten ausgeschlossen wurden. Da im spanischen Kolonialreich die dafür erforderlichen genealogischen Nachweise oft nicht beigebracht werden konnten, urteilten die zuständigen Behörden nach dem Phänotyp, was zu einer willkürlichen Einteilung führte. So sind Fälle überliefert, in denen ein und dieselbe Person bei verschiedenen Gelegenheiten unterschiedlichen Castas zugewiesen wurde.[1] Hinzu kam, dass ein Nachweis von Limpieza de sangre in den Kolonien käuflich war, sodass die angestrebte Erhaltung einer homogenen, altchristlich-europäischen Oberschicht sowie ihre Trennung von vermeintlich minderwertigen castas nicht gelang.[2]
Castas in der mexikanischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
1810 bestanden nur 0,2 % der damaligen Bevölkerung Mexikos (ca. 6 Millionen Einwohner) aus Spaniern, 16 % aus Kreolen, also Nachfahren von Spaniern, 22 % aus Castas, 60 % aus Indios, 0,1 % aus sub-saharanischen Afrikanern. Bei den Castas waren Mischungen von Europäern und Indios am zahlreichsten.
Literatur
David Grewe: Ethnizität, Staatsbürgerschaft und Zugehörigkeit im Zeitalter der Revolution. Afrikaner und Indigene in Mexiko um 1800. Böhlau, Köln 2016, ISBN 978-3-412-50575-2.
↑Nikolaus Böttcher: Ahnenforschung in Hispanoamerika. „Blutsreinheit“ und die Castas-Gesellschaft in Neu-Spanien in: Michael Hecht (Hrsg.): Selektion – Initiation - Repräsentation. Die Ahnenprobe in der Vormoderne. Rhema-Verlag Münster 2011, S. 387–414.