Die Bulawa (russisch Булава; russisch für Streitkolben, fälschlicherweise auch als Keule[4] übersetzt) ist eine russische U-Boot-gestützte ballistische Rakete. Sie trägt den NATO-Codenamen: SS-N-32. Der GRAU-Index für den Raketenkomplex lautet 3M30 und die Raketen tragen die Bezeichnung R-30 bzw. D30.[5][1][6] In den START-Verträgen ist sie als RSM-56 Bulawa aufgeführt.
In den 1980er-Jahren befanden sich auf den U-Booten der sowjetischen Marine sowohl ballistische Raketen mit Flüssigkeitsraketentriebwerken (z. B. R-29RM) wie auch mit Feststoffraketentriebwerken (z. B. R-39) im Einsatz. Dieser Umstand verursachte große logistische Probleme sowie hohe Kosten. Im Zuge von Standardisierungsmaßnahmen verlangte die Führung der sowjetischen Marine die Entwicklung einer neuen Rakete, welche die unterschiedlichen Raketentypen ersetzen sollte und in Zukunft die einzige U-Boot-basierte ballistische Rakete darstellen sollte.[7] Der Entwicklungsauftrag wurde im Jahr 1986 dem Maschinen-Konstruktionsbüro Makejew sowie Konstruktionsbüro Juschnoje zugesprochen. Als Basis verwendeten die Entwickler die Feststoffrakete R-39U „Rif“, welche auf den U-Booten vom Projekt 941 (Typhoon-Klasse) zum Einsatz kam. Die neue Rakete bekam die Bezeichnung R-39UTTCh Bark (NATO-Codename: SS-N-X-29).[7] Nach großen Verzögerungen und drei fehlgeschlagenen Test-Raketenstarts wurde die Entwicklung der R-39UTTCh im Jahr 1998 von Wladimir Kurojedow, dem Oberbefehlshaber der russischen Marine, abgebrochen.[7] Daraufhin wandte sich die Führung der russischen Seestreitkräfte an das Moskauer Institut für Wärmetechnik. Dieses sollte innerhalb kurzer Zeit auf der Basis der fahrzeuggebundenen RS-12M2 Topol-M eine U-Boot-basierte Rakete entwickeln.[8] Schnell wurde den Entwicklern klar, dass dies nicht möglich ist; zu groß sind die Unterschiede zwischen land- und U-Boot-basierten Raketen. Noch im Jahr 1998 entschied man sich für einen kompletten Neuentwurf in Form einer leichten Rakete mit Feststoffantrieb.[1] Dieses neue Raketensystem bekam die Bezeichnung R-30 Bulawa.[7]
Die Entwicklung der Bulawa war geprägt von technischen Schwierigkeiten sowie Termin- und Kostenüberschreitungen.[9] Daneben kam es auch beim Bau der für die Bulawa vorgesehenen U-Boote vom Projekt 955 zu Verzögerungen.[1] Die Bulawa-Raketen sollten ursprünglich 2009 bei der russischen Marine eingeführt werden.[10] Nachdem verschiedene Male die Testraketen nicht einwandfrei funktioniert hatten, konnte dieser Termin nicht eingehalten werden. Die Serie fehlgeschlagener Tests rief besonders 2009 in Russland unter Fachleuten eine Diskussion über die Ausrichtung des strategischen Rüstungsprogramms hervor.[11] Diese verschärfte sich, nachdem der abgebrochene Oktobertest am 9. Dezember 2009 nachgeholt worden und durch eine Fehlfunktion der dritten Raketenstufe erneut gescheitert war.[12] Nachdem es bei weiteren Teststarts wieder zu Fehlfunktionen gekommen war, verzögerte sich die Einführung bei der Russischen Marine weiter. Auch kam es bei der Raketen-Produktion zu Schwierigkeiten und Verzögerungen.[13] Die Marine machte daraufhin der russischen Industrie den Vorwurf, dass diese weder kostengerecht noch termingerecht in einer entsprechenden Qualität Raketen produzieren könne.[9] Am 27. Dezember 2011 erklärte Russlands Präsident Dmitri Medwedew, dass die Testphase abgeschlossen sei und die neuen Raketen in der nächsten Zeit in Betrieb genommen werden sollen.[14] Die ersten Waffen wurden 2012 für Integrationstests an die Russische Marine ausgeliefert. Doch auch danach kam es wieder zu Unregelmässigkeiten bei Raketentests. Untersuchungen kamen zum Schluss, dass nicht Konstruktionsfehler, sondern fast ausschließlich Produktionsfehler und mangelnde Qualität zu den Abstürzen führten.[9] Schließlich wurde nach einem erfolgreichen Test am 22. Mai 2018, bei dem in kurzer Folge vier Raketen von einem U-Boot gestartet wurden, offiziell die Einsatzbereitschaft der R-30 Bulawa verkündet.[15]
Die Bulawa ist die Hauptbewaffnung der U-Boote der Borei-Klasse (Projekt 955). Jedes dieser U-Boote kann mit 16 R-30-Lenkwaffen bestückt werden. Die Bulawa ist eine dreistufige SLBM, deren erste und zweite Stufe mit einem Feststoffraketentriebwerk und die dritte Stufe mit Flüssigkeitsraketentriebwerk ausgestattet sind. Die Stufen bestehen aus zwei Hauptantriebstufen und einer dritten Stufe mit dem Wiedereintrittskörperträger (engl. Post Boost Vehicle). Die Antriebsstufen sind übereinander angeordnet und zünden der Reihe nach. Die Raketenhülle ist aus gewichtssparenden Verbundwerkstoffen hergestellt. Die Raketen können aus dem aufgetauchten oder aus dem getauchten U-Boot gestartet werden. Sie können einzeln oder in Serie gestartet werden. Erfolgt der Abschuss unter Wasser, werden die Raketen mittels Gasdruck aus den Startsilos ausgestoßen. Erst in sicherem Abstand zum U-Boot erfolgt die Zündung der ersten Raketenstufe und die Rakete bewegt sich Richtung Wasseroberfläche. Die Steuerung der R-30-Rakete erfolgt in der ersten Flugphase mittels Trägheitsnavigationsplattformen. Nach dem Ausbrennen der ersten beiden Antriebsstufen (engl. boost phase) steigt die dritte Stufe mit dem Wiedereintrittskörperträger auf einer ballistischen Kurve weiter auf eine Höhe von rund 1.000 km.[27] Die Steuerung in dieser Flugphase erfolgt mit einem elektrooptischen Astronavigation-System. Die 6 Wiedereintrittskörper sind auf einem konzentrischen Ring rund um die Raketendüse der dritten Stufe angeordnet.[5] Die Wiedereintrittskörper werden in einer Sequenz, bei der der Träger zwischendurch jeweils Kurskorrekturen durchführt, auf ihre individuellen ballistischen Flugbahnen entlassen. Die Wiedereintrittskörper sind mit einem thermonuklearen Sprengkopf mit einer Sprengleistung von 100–150 kt bestückt.[2][3] Die Wiedereintrittskörper erreichen je nach Quelle eine Präzision (CEP) von 250–350 m.[5][28] Bulawa hat eine Nutzlast von 1.150 kg[6] und kann bis zu 10 Wiedereintrittskörper tragen. Der Start-I-Vertrag beschränkt aber die maximale Anzahl auf 6 Wiedereintrittskörper.
Eine Fehlzündung der dritten Stufe einer Bulawa-Rakete soll am 9. Dezember 2009 für ein spektakuläres, spiralförmiges Lichtphänomen über Norwegen verantwortlich gewesen sein.[29]
2K1 Mars • 2K4 Filin • 2K6 Luna • 9K52 Luna-M • 9K79 Totschka
R-1 Wolga • R-2 • R-11 Semlja • 9K72 Elbrus • 9K76 Temp-S • 9K77 Rekord • 9K714 Oka • 9K720 Iskander
R-5 Pobeda • R-12 Dwina • R-14 Tschussowaja • RT-15 • RSD-10 Pioner
R-7 Semjorka • R-9 Desna • R-16 Tsiklon • R-26 • R-36 • R-36M Wojewoda • RT-2 • RT-2PM Topol • RT-2PM2 Topol-M • RT-20 • RT-21 Temp-2S • RT-23 Molodez • RS-24 Jars • RS-26 Rubesch • RS-28 Sarmat • UR-100 • UR-100N • MR UR-100 • UR-200
R-11FM • R-13 • R-21 • R-27 Zyb • R-29 Wysota • R-29R Wolna • R-29RM Schtil • R-29RMU Sinewa • R-29RMU2.1 Liner • R-30 Bulawa • R-31 Nawaga • R-39 Rif • R-39UTTCh Grom
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