Am 12. November 1906 gründete der US-amerikanische Investor und TycoonPercival Farquhar in Portland, Maine, die Brazil Railway Company.[1][2] Weitere Tochtergesellschaften wie die Argentine Railway Company, Bolivian Railway Company, Uruguay Railway Company, u. a. folgten und Farquhar erlangte über diese Unternehmen innerhalb kurzer Zeit Mehrheitsbeteiligungen von vielen in Lateinamerika aktiven Eisenbahngesellschaften.[3] Sein Ziel war es, langfristig die Kontrolle über alle Eisenbahngesellschaften in Mittel- und Südamerika zu erreichen.[4] Zudem gründeten und kauften die Gesellschaften wiederum Tochtergesellschaften, die sich mit der Kolonisierung befassten, in der Viehzucht tätig waren oder sich in wichtigen industriellen Bereichen, wie der Holzindustrie, der Kautschukgewinnung oder dem Teeanbau betätigten. Ferner erwarben sie mehrere wichtige Häfen und Hotels in größeren Städten. Hinter Farquhar stand ein internationales Bankenkonsortium, an dem Banken aus den USA, Frankreich, Großbritannien und dem Deutschen Reich beteiligt waren.[5]
Alle von Farquhar gegründeten Gesellschaften zusammen wurden oft als Farquhar-Syndikat oder Farquhar-Trust bezeichnet. Dieser entwickelte sich für einige Jahre zu einem der einflussreichsten wirtschaftlichen Faktoren in Südamerika.[6]
Schon die Balkankriege führten zu ersten finanziellen Problemen der Gesellschaft. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 und die daraus resultierende Knappheit an ausländischem Kapital bereiteten den Plänen jedoch das endgültige Ende. Die Krise führte zu großen Verlusten und die US-amerikanische Regierung war gezwungen die Brazil Railway Company und alle ihre Tochtergesellschaften 1917 unter Zwangsverwaltung zu stellen. Später kamen die verschiedenen Gesellschaften unter die Kontrolle der jeweiligen Landesregierungen.[3][2] Die Abwicklung der Brazil Railway Company zog sich über Jahrzehnte hin. 1970 wurde auf ihre Anleihen eine letzte Ausschüttung von 5 % gezahlt.[7]
Tochtergesellschaften und kontrollierte Unternehmen
Eisenbahngesellschaften in Brasilien
Die Brazil Railway Company kontrollierte 1913 mit 11.217 km Streckenlänge rund die Hälfte des Eisenbahnnetzes von Brasilien.
Companhia de Navegação da Amazônia (Schifffahrtsgesellschaft mit dem Recht der Schifffahrt auf allen zu Brasilien gehörenden Wasserwegen und der Postbeförderung auf den Schiffen)
Industrial Norte e Oeste do Brazil (Kautschukgewinnung)
Southern Brazil Lumber and Colonisation Company (Kolonisationsgesellschaft und das damals größte Holzunternehmen Südamerikas)
Über die im Juli 1912 gegründete Tochtergesellschaft Argentine Railway Company, ebenfalls mit Sitz in den USA, Kontrolle über mehr als ein Drittel der argentinischen Bahnen mit rund 13.500 km Länge.[8][9]
Walther Meissner: Das wirtschaftliche Vordringen der Nordamerikaner in Südamerika. Hrsg.: Verlag von Otto Schulze. 1919, S.57–106 (archive.org).
Alured Gray Bell: The beautiful Rio de Janeiro. Hrsg.: William Heinemann. 1914, S.70–75 (englisch, archive.org).
Todd A. Diacon: Millenarian Vision, Capitalist Reality: Brazil’s Contestado Rebellion, 1912–1916. Hrsg.: Duke University Press. 1991, ISBN 978-0-8223-1167-6 (englisch).
↑ abContinental Products Company v. United States. In: Supreme Court of the United States (Hrsg.): Cases Decided in the Court of Claims of the United States. Band70, 1931, S.556–574 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑The Louis Cassier Company (Hrsg.): The South American Year Book and Directory. 1915, S.145 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).