1814 begegnete König Friedrich Wilhelm III. in Paris dem italienischen Komponisten Gasparo Luigi Pacifico Spontini, den er 1820 als Generalmusikdirektor nach Berlin holte. Eines der ersten Berliner Werke Spontinis war die Komposition mit dem Titel Borussia. Preußischer Volksgesang. Es war bereits zwei Jahre zuvor von ihm als Chant national prussien komponiert worden. Er instrumentierte es nun für 100 Violinen, 50 Trompeten, zwanzig weitere Blasinstrumente (u. a. Fagott, Klarinette, Horn) und 130 Stimmen nebst Sopransolo. Den Text verfasste Johann Friedrich Leopold Duncker,[2] Kabinettssekretär des Königs.
Am 3. August 1820, anlässlich des Geburtstags von König Friedrich Wilhelm III., erfolgte die Aufführung der Borussia in der Königlichen Oper Berlin. Noch im selben Jahr wurde sie als preußische Nationalhymne dekretiert und von da an in allen Schulen und bei patriotischen Festlichkeiten gesungen.
Im Zuge der Gründung des Deutschen Reiches am 18. Januar 1871 versuchte man im August desselben Jahres vermittels einer Aufführung im Königlichen Opernhaus die Borussia mit verändertem Text – statt Borussia nun Germania, statt König jetzt Kaiser – neu zu beleben, jedoch ohne Erfolg.
Text
Textdruck um 1850
1. Wo ist das Volk, das kühn von That
Der Tyrannei den Kopf zertrat?
Groß, unbezwungen steht es da:
Es ist dein Volk, Borussia!
2. Wie heißt das Land, wo recht Gericht
Den Stab dem mächt’gen Frevler bricht?
Wo Schutz dem guten Bürger nah?
Das Land, es heißt Borussia!
3. Da grünt des Lorbeers frisches Reis,
Des tapfern Kriegers hoher Preis;
Nicht mehr verläßt Victoria
Ihr Heldenland Borussia.
4. Bescheidnen Sinnes sieht ein Mann
Mit Gott im Bunde glaubend an
Das Werk, das dir durch ihn geschah,
Dein König ist’s, Borussia!
5. Drum Segen ihm, der groß und recht
Das Haupt vom kräftigen Geschlecht:
Gott bleibt mit seiner Hülfe nah
Dem König und Borussia.
Literatur
Emil Bohn: Die Nationalhymnen der europäischen Völker. In: 4. Heft der Reihe Wort und Brauch. Volkskundliche Arbeiten namens der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde. In zwanglosen Heften herausgegeben von Dr. Theodor Siebs, ord. Professor a. d. Universität Breslau und Dr. Max Hippe, Stadtbibliothekar in Breslau. Verlag von M. & H. Marcus, Breslau 1908.
Franz Magnus Böhme (Hrsg.): Volksthümliche Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert nach Wort und Weise aus alten Drucken und Handschriften, sowie aus Volksmund zusammengebracht. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1895.
↑Carl Freiherr von Ledebur: Tonkünstler-Lexicon Berlin’s von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Ludwig Rauh, Berlin 1861, S. 570 (books.google.de – Leseprobe).