Bis Mitte 1951 fungierte Spiethoff als wissenschaftlicher Assistent seines DoktorvatersAdolf Weber an der LMU München; anschließend vollzog er den Wechsel in die wirtschaftliche Praxis. Im September 1951 beauftragte ihn Rudolf Zorn mit dem Aufbau einer volkswirtschaftlichen Abteilung beim Bayerischen Sparkassen- und Giroverband.[3] Neben der Tätigkeit als Direktor dieser Abteilung übernahm Spiethoff in den nächsten Jahren auch die Referate Kreditbeurteilung sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.[4] Von 1970 bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst 1983 wirkte er als Vizepräsident des Verbandes.[5]
Daneben betätigte sich Spiethoff auch weiterhin auf wissenschaftlichem Gebiet. So hatte er von 1952 bis 1997 einen Lehrauftrag für wechselnde Themen aus der politischen Ökonomie an der Hochschule für Politik München inne; des Weiteren wurde ihm 1959 ein Lehrauftrag für Sparkassenwesen an der LMU München erteilt, den er bis 1989 absolvierte.[6] Von 1981 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 war Spiethoff Vorsitzender des Fördervereins der Münchner Hochschule für Politik.[7] Begraben ist er in Haar b. München.
Werk
Als Volkswirtschaftler gehörte Spiethoff der von Adolf Weber und den Begründern der Sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland repräsentierten neoklassischen Schule an.[8] Sein Interesse auf diesem Forschungsfeld galt vor allem der politischen Ökonomie. Dabei befasste er sich – abgesehen von diversen Beiträgen zur Debatte um die Rolle des Staates im Wirtschaftsleben[9] – in erster Linie mit Fragen der Lohn- und Preispolitik[10], sowie der Rüstungsfinanzierung.[11] Eine international rezipierte Studie im Auftrag des Vereins für Sozialpolitik untersuchte den Prozess der Eingliederung der Sudetendeutschen in das bayerische Wirtschaftssystem.[12] Hinzu kamen Arbeiten über verschiedene Themen aus dem Sparkassenwesen; etwa die Spareinlage oder den Sparkassenkredit.[13] Im Rahmen seiner Verbandstätigkeit publizierte Spiethoff auch eine Reihe von Schriften zur praktischen Wirtschaftserziehung und -lehre im Deutschen Sparkassenverlag.[14] Zahlreiche Neuauflagen erlebten insbesondere die beiden bis 1990 wiederholt ausgebauten und erweiterten Spätwerke „Kleine Wirtschaftslehre“ und „Geld – Kredit – Währung“.
Bleibende Verdienste hat sich Spiethoff mit seinen wirtschaftshistorischen Forschungen erworben. Einen allgemeinen Grundriss zur Geschichte der Wirtschaft und der Wirtschaftswissenschaft veröffentlichte er 1952 im „Handbuch für Sozialkunde“. Sechs Jahre später legte er mit „Ungewollt zur Größe“ die erste grundlegende Überblicksdarstellung zur Geschichte der bayerischen Sparkassen vor[15], der viele weitere Publikationen und Vorträge zum Thema folgten.[16] Methodisch engagierte sich Spiethoff für die Etablierung der Oral History innerhalb seines Fachgebiets.[17]
Schriften (Auswahl)
Der garantierte Jahreslohn. Analyse eines amerikanischen Versuchs zur Sicherung der Lohneinkommen. Diss. München 1949.
Gesicherte Löhne – freie Preise. Vorhaben und Problematik des garantierten Jahreslohnes. Verlag Duncker & Humblot, Berlin-West 1950, ISBN 978-3-428-01440-8
Der Sparkassenkredit heute. Richard Pflaum Verlag, München 1951 (= Volkswirtschaftliche Zeitfragen, hg. von Adolf Weber. Heft 11)
Zur Geschichte der Wirtschaft und der Wirtschaftswissenschaft. In: Anton Wittmann (Hg.): Handbuch für Sozialkunde. Verlag Duncker & Humblot, Berlin-West 1952, S. 1–90.
Untersuchungen zum bayerischen Flüchtlingsproblem. Verlag Duncker & Humblot, Berlin-West 1955, ISBN 978-3-428-01441-5 (= Schriftenreihe des Vereins für Sozialpolitik. NF, Band 7/VI).
Ungewollt zur Größe. Die Geschichte der bayerischen Sparkassen. Verlag Max Schmidt & Söhne, München 1958, 2. Auflage 1958.
Vom Feudalbesitz zum Sparguthaben. Ein Beitrag zur Geschichte der Vermögensbildung. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1961.
Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Wegbereiter der europäischen Einheit. Eine Unterrichtshilfe der Sparkassen. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1963.
Kleine Wirtschaftslehre. Eine Unterrichtshilfe der bayerischen Sparkassen. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1964, 13. Auflage 1990, ISBN 978-3-09-310113-7
Geld – Kredit – Währung. Ein Beitrag zur politischen Ökonomie. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1973, 7. Auflage 1990.
Literatur
Christian Dirninger: Ergebnisprotokoll über die Befragung Bodo Spiethoffs zu „30 Jahre erlebte und gestaltete Sparkassengeschichte“ durch Eduard Keil. In: Manfred Pix/Josef Wysocki (Hgg.): Historische Marktanalyse. Frühe Sparkassenideen – Utopie und Realität. Selbstverlag des Arbeitskreises für Sparkassengeschichte, Neustadt a. d. Aisch 1984 (= Sparkassen in der Geschichte. Heft 2), S. 27–43.
Ingo Krüger: Rede für Werner Netzel anlässlich der Beisetzung von Dr. Bodo Spiethoff, Vizepräsident i. R. am 24. August 2000 in Haar. (Archiv des Sparkassenverbands Bayern).
Einzelnachweise
↑Anonym: Spiethoff, Bodo G. A. In: Herrmann A. L. Degener (Hg.): Wer ist’s? Unsere Zeitgenossen. Biographien von rund 20.000 lebenden Zeitgenossen. IX. Ausgabe. Verlag Herrmann Degener, Leipzig 1928, S. 1494; Ernst Kamp: Gedenkrede auf Arthur Spiethoff, gehalten bei einer von der Rechts- und Staatswirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität am 13. Mai 1958 veranstalteten Gedächtnisfeier. Peter Hanstein Verlag, Bonn 1958, S. 5 u. 39f.
↑Erwin Günther: Zur Geschichte der Jenaer Universitäts-Hautklinik. In: Dermatologische Monatsschrift 161 (1975), S. 225–229, hier: S. 227; sowie Universität München (Hg.): Studenten-Verzeichnis Winter-Halbjahr 1945/46 (Semester A 1946). Universitäts-Buchdruckerei C. Wolf & Sohn, München 1946, S. 94
↑Ingo Krüger: 25. Symposium „Bayerische Sparkassengeschichte“ – „Währungsunionen und Währungsreformen“. In: Deutsche Sparkassen-Zeitung Nr. 72 (18. September 1998), S. 7
↑Christian Dirninger: Ergebnisprotokoll über die Befragung Bodo Spiethoffs zu „30 Jahre erlebte und gestaltete Sparkassengeschichte“ durch Eduard Keil. In: Manfred Pix/Josef Wysocki (Hgg.): Historische Marktanalyse. Frühe Sparkassenideen: Utopie und Realität. Arbeitskreis für Sparkassengeschichte, Neustadt/Aisch 1984 (= Sparkassen in der Geschichte, Bd. 2), S. 26–44, hier: S. 33, und [Anonym]: Blick über den Zaun. In: Der Spiegel (1. Januar 1954), S. 32
↑Pix/Wysocki (Hgg.): Historische Marktanalyse, S. 11; Ingo Krüger: Rede für Werner Netzel anlässlich der Beisetzung von Dr. Bodo Spiethoff, Vizepräsident i. R. am 24. August 2000 in Haar (Archiv des Sparkassenverbands Bayern)
↑Bernhard Löffler: Soziale Marktwirtschaft und administrative Praxis. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Ludwig Erhard. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 2002, S. 492. Vgl. zudem Spiethoffs unter Fußnote 9 genannte Schriften.
↑Vgl. etwa Bodo Spiethoff: Gegenwartsprobleme der Wirtschaft. In: Anton Wittmann (Hg.): Handbuch für Sozialkunde, 4. Lieferung, Berlin-West 1955, B I 2; Ders.: Geld- und Kapitalprobleme der Gegenwart. In: Thomas Brennauer (Hg.): Aktuelle Fragen der Wirtschaftspolitik. Isar-Verlag, München 1957, S. 19–29; Bodo Spiethoff: Die Achillesferse der Marktwirtschaft. In: Politische Studien 9 (1958), S. 195ff; Ders.: Bankenaufsicht – zu wessen Nutzen? In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 15 (1962), H. 2., S. 72ff.; Ders.: Die Tragödie der Planwirtschaft. In: Monatsblätter für freiheitliche Wirtschaftspolitik 10/1963.
↑Vgl. die Monographien „Der garantierte Jahreslohn“ und „Gesicherte Löhne – freie Preise“, sowie Ders.: Der garantierte Jahreslohn. In: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft 69 (1949), H. 4, S. 89–107 und Ders.: Die Praxis des Ergebnislohns. In: Mensch und Arbeit 1 (1949), S. 59ff.
↑Lutz Köllner/Hans-Erich Volkmann: Finanzwissenschaftliche, finanzwirtschaftliche und finanzpolitische Aspekte eines deutschen Beitrags zur EVG. In: Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945–1956, hg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Zweiter Band: Die EVG-Phase. Oldenbourg Verlag, München 1990, S. 757–873, hier vor allem: S. 814f. Vgl. außerdem Bodo Spiethoff: Die Rüstungs-Finanzierung. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 7 (1954), S. 746ff., und Ders.: Grundsatzfragen der Rüstungsfinanzierung. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 10 (1957), S. 507ff.
↑Vgl. die Monographie „Untersuchungen zum bayerischen Flüchtlingsproblem“, sowie: Leo W. Schwarz: Refugees in Germany Today. Twayne Publishers, New York 1957, S. 161; Martin Kornrumpf: In Bayern angekommen. Die Eingliederung der Vertriebenen. Olzog Verlag, München u. Wien 1979, S. 312; Jan Křen u. a.: V rozdelenej Európe. Česi, Slováci, Nemci a ich štáty v rokoch 1948 – 1989. AEP, Bratislava 1998, S. 44
↑Vgl. die Monographie „Der Sparkassenkredit heute“ sowie Bodo Spiethoff: Zum Streit über das Wesen der Spareinlagen. In: Sparkasse Jg. 1952, H. 12, S. 179ff.
↑Vgl. etwa Ders.: Die deutsche Wirtschaft. Eine Unterrichtshilfe der Sparkassen. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1965; Ders.: Geld und Gold in der Weltwirtschaft. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1966; Ders.: Währungen im Kreuzfeuer: Dollar, Pfund, Franc, D-Mark. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1968
↑Vgl. die Rezension in der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 11 (1958), H. 16, S. 33f.
↑Vgl. etwa Bodo Spiethoff: Die Geschichte der Sparkassenanlagen. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 6 (1953), H. 8, S. 214ff.; Ders.: Der Weg der deutschen Sparkassen. Von der Ersparniskasse zur Sparkasse der Gegenwart. In: Stadtsparkasse Kassel (Hg.): 125 Jahre Stadtsparkasse Kassel 1832 – 1957. Kassel 1957, S. 29–47; Ders.: Vom Feudalbesitz zum Sparguthaben. Ein Beitrag zur Geschichte der Vermögensbildung. Dt. Sparkassenverlag, Stuttgart 1961; Ders.: Sparkassen und Sparen aus historischer, gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht. In: 1908 – 1983 Bayerischer Sparkassen- und Giroverband. Stuttgart 1983, S. 40.
↑Vgl. Bodo Spiethoff: Oral History. Sparkassengeschichte aus mündlicher Überlieferung. In: Zeitschrift für bayerische Sparkassengeschichte 11 (1997), S. 377–383.