Im Jahr 1985 organisierte die Zeitschrift Stern eine Ausstellung, die die Macht des gedruckten Bildes unter Beweis stellen sollte, zeigte aber keine Bilder, sondern nur deren Beschreibungen.
Der so genannte deutsche Werbepapst Michael Schirner, Organisator der Ausstellung, erklärte dazu:
„Hier im Geflimmere, Gewimmel und Gewusel der sogenannten Neuen Medien wollte der Stern ein Zeichen setzen und die Kraft, die Magie und die Überlegenheit des gedruckten Mediums exemplarisch und für jedermann unübersehbar demonstrieren.“[1]
Bei diesem Projekt werden einige der einflussreichsten Bilder der Fotografie-Geschichte zitiert, ohne dass sie selbst gezeigt werden. Diese so genannten „Jahrhundertbilder“ sind so wirkmächtig, dass es genügt, sie kurz zu beschreiben, damit sie in der Erinnerung deutlich erscheinen, da sie im kollektiven Gedächtnis omnipräsent sind.
Das Deutsche Pressemuseum Hamburg zeigte 2005 zu diesem Zweck eine Fotoausstellung ohne Bilder. Die Ausstellung „Bilder im Kopf“ sollte zeigen, wie Fotos in das kollektive Gedächtnis übergehen. Deshalb beschränkt sich die Ausstellung auf Bildbeschreibungen wie „Michael Jackson hält sein Baby aus dem Fenster des Hotel Adlon“.[2] Den Betrachtern bleibt es dann überlassen, sich das Bild vorzustellen.
Der Rundfunksender WDR5 ging einen anderen Weg, indem er zehn dieser Bilder von Prominenten beschreiben ließ. Der zugehörige Ausstellungskatalog enthält daher auch kein einziges Bild, wird aber um eine aus einer Radiosendung hervorgegangene CD mit 10 Textbeiträgen Prominenter über 10 ikonische Bilder ergänzt, die zum Verständnis des Prinzips hier mit ihrem offiziellen Titel referenziert werden (der Großteil wird in der unteren Tabelle unter gleicher Nummer inhaltlich beschrieben):
Der Jenaer Geschichtsprofessor Lutz Niethammer erklärt die Wirkung der Bilder im Kopf folgendermaßen:
„Im Langzeitgedächtnis des Menschen werden vor allem jene Dinge in bildhafter oder szenischer Gestalt bewahrt, die begrifflich in der Erfahrung nicht vorbereitet waren und eine starke emotionale Resonanz auslösten, also entweder sehr erfreulich oder außerordentlich schockierend, jedenfalls völlig unerwartet waren.“[3]
Viele dieser Ikonen sind heute nicht mehr zu sehen, da die Rechteinhaber die Reproduktion verweigern, denn große Bildagenturen beanspruchen für Millionen von Bildern einen urheberrechtlichen Schutz, oder schotten sie von der Öffentlichkeit ab. So hat Bill Gates das Einscannen der Bilder seiner Agentur, zu denen das bekannteste Bild von Albert Einstein zählt, untersagt.