Bernhard Kretzschmar absolvierte 1904 eine Lehre als Dekorationsmaler. Von 1909 bis 1911 verfolgte er ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Dresden. Wie zahlreiche Maler dieser Zeit (so Gregor Gog, Hans Bönnighausen) unternahm auch er Wanderungen durch Süddeutschland und die Schweiz (1911) und eine fast einjährige Reise nach Spanien und Italien (1913). An der Kunstakademie Dresden studierte er bei Robert Sterl, Richard Müller und Oskar Zwintscher. Von 1914 bis 1917 war er Meisterschüler von Carl Bantzer an der Dresdner Akademie. Dort begann seine Freundschaft mit Peter August Böckstiegel und Conrad Felixmüller, mit denen er später die Gruppe 1917 gründete.
Am 26. August 1916 heiratete er Susanna Uhmann, die 1941 starb. Ein Jahr lang war Kretzschmar 1917/1918 Sanitätssoldat in Bautzen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde er 1918 in Gostritz bei Dresden ansässig und war von 1919 bis 1920 Meisterschüler bei Robert Sterl an der Dresdner Akademie. 1920 vernichtete er seine gesamte bisherige künstlerische Produktion und begann, expressionistische und expressiv-realistische Grafiken zu schaffen, die ihm schnell Ruhm eintrugen. Der einflussreiche Kunstkritiker Julius Meier-Graefe förderte ihn. In den 1920er Jahren näherte er sich in seinen Arbeiten der Neuen Sachlichkeit an.
Am 13. Februar 1945 wurde ein großer Teil des Werkes durch Bomben zerstört, als die damaligen Luftangriffe auch sein Atelier in der Polytechnischen Schule am Antonsplatz trafen. 2012 tauchte beim Schwabinger Kunstfund ein Aquarell Straßenbahn auf.[2]
Nach dem Krieg war Bernhard Kretzschmar ab 1946 Professor an der Hochschule für bildende Künste in Dresden, wo einer seiner Schüler A. R. Penck (1956/1957) war. In dieser Zeit war er besonders den Malern Karl Kröner und Wilhelm Lachnit[3] verbunden, mit denen er zum Malen an die Ostseeküste fuhr. Er unternahm gemeinsam mit dem Bildhauer Fritz Cremer und dem Maler Harald Metzkes 1954 eine Reise in die Volksrepublik China. Anfang der 1950er Jahre lernte er die Malerin Hilde Stilijanov und ihren Sohn Peter kennen. Stilijanov und er heirateten 1958.[4]
Hauptsächlich zeichnete er von 1955 bis 1972 noch koloristische Bilder (besonders Selbstbildnisse). Ab 1969 war er korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin. Werke Kretzschmars befinden sich u. a. im Besitz von Museen in Barcelona, Berlin, Bremen, Chemnitz, Dresden, Essen, Frankfurt a. M., Halle a. S., Hamburg, Köln, Kopenhagen, Leipzig, Madrid, Mannheim, München, Prag, Rio de Janeiro, Rostock, Saarbrücken, Wien, Winterthur, Zürich und Zwickau.
Kretzschmar hatte eine große Anzahl von Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen. In der Ostzone bzw. der DDR war er an den meisten wichtigen überregionalen Ausstellungen beteiligt, u. a. von 1946 bis 1978 an allen Deutschen Kunstausstellungen bzw. Kunstausstellungen der DDR in Dresden. Noch 1989 – in der Euphorie der politischen Wende – fand eine große Ausstellung im Albertinum Dresden statt. 2018 zeigte die Städtische Galerie Dresden eine Retrospektive zu Bernhard Kretzschmar.[5]
Fritz Löffler nannte ihn eine der bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten der Stadt Dresden, in der er über sechs Jahrzehnte lebte. Und fährt fort: „Doch Kretzschmar gehörte nicht nur zu den großen malerischen Gestaltern seine Zeit, sondern er wirkte auch in Wort und Schrift mit seiner ganzen Persönlichkeit für eine unabdingbare Bedeutung des künstlerischen Schaffens als Sinngebung des Lebens.“[6]
Auszeichnungen
1959: Nationalpreis der DDR III. Klasse, für die Gemälde Blick auf Stalinstadt und Dr. Lothar Bolz
Darstellung Kretzschmars in der bildenden Kunst
Helmut Heinze:Prof. B. Kretzschmar (Porträtstatuette, Bronze; um 1974)[7]
Eugen Hoffmann: Porträt Bernhard Kretzschmar (Skulptur, Gips; um 1958)[8]
Werke (Auswahl)
Bernhard Kretzschmar widmete mehrere seiner Gemälde der Marienstraße in Dresden: Marienstraße im Winter,[9]Die Marienstraße im Tauwetter und Marienstraße in Dresden.
Bernhard Kretzschmar. In: Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2011, ISBN 978-3-942422-57-4, S.251–254.
Karin Müller-Kelwing: Die Dresdner Sezession 1932 – Eine Künstlergruppe im Spannungsfeld von Kunst und Politik. Hildesheim u. a. 2010, ISBN 978-3-487-14397-2, S. 189–190, 373. (zugleich: Dissertation. TU Dresden, 2008)
Bernhard Kretzschmar: Arbeiten der Zwanziger Jahre. Ausstellungskatalog der Michael Hasenclever Galerie. München 1996.
Bernhard Kretzschmar. 1889–1989. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Grafik. Ausstellungskatalog der Galerie Neue Meister, Dresden 1989.
Gudrun Schmidt: Bernhard Kretzschmar. Werkverzeichnis der Druckgraphik 1914–1969. Leipzig 1981.
Waltraut Schumann: Bernhard Kretzschmar 1889–1972. In: Dresdner Kunstblätter. 17. Jg., 1973, S. 9–12.
Helmut Heinze: Aufzeichnungen und Erinnerungen aus Gesprächen mit Bernhard Kretzschmar von 1968 bis 1972. Ein Versuch. Ernst-Rietschel-Kulturring e. V., Pulsnitz 2015, ISBN 978-3-9812809-7-5.
Sigrid Walther, Gisbert Porstmann: Deutung des Daseins. Bernhard Kretzschmar. Sandstein Verlag, Dresden 2018, ISBN 978-3-95498-362-9.
Bodo Brzóska: „Donquichoteske Künstlervision“. Der Maler Bernhard Kretzschmar (1889–1972). In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte. Bd. 31 (2024), S. 113–115.