Die Bahnstrecke Strasbourg–Basel ist eine grenzüberschreitende Strecke der SNCF Réseau und verbindet das französischeStraßburg mit dem schweizerischenBasel. An ihrem südlichen Ende wurde sie die erste Eisenbahnstrecke auf Schweizer Boden und ist heute eine wichtige Verbindung im internationalen Fernverkehr. Sie bindet auch Städte wie Mülhausen und Colmar an den Bahnverkehr an.
Am 18. Oktober 1837 erhielt der Elsässer Nicolas Koechlin die Konzession für eine Bahnstrecke zwischen Straßburg und der Schweiz. Koechlin hatte bereits die Bahnstrecke zwischen Mülhausen und Thann erbaut. Das anfängliche Projekt sah eine Streckenlänge von rund 140 Kilometern vor, und die Kosten wurden auf 16 Millionen Francs veranschlagt.[1] Interessanterweise war das Streckenende auf Schweizer Boden vorgesehen, ohne jedoch die Regierung in Bern darüber zu informieren, ebenfalls war die Linienführung zwischen Mülhausen und Basel noch nicht definitiv festgelegt. 1838 gründete Koechlin mit seinem Bruder Edouard die Compagnie du chemin de fer de Strasbourg à Bâle.[2] Danach konnten die Bauarbeiten beginnen.
Eröffnungen
Am 25. Oktober 1840 wurden die ersten Teilstücke dem Verkehr übergeben, es handelte sich dabei um die Abschnitte Benfeld–Colmar und Mülhausen–Saint Louis direkt an der Schweizer Grenze. 1841 wurde die Strecke von Benfeld bis nach Koenigshoffen, unmittelbar bei Straßburg gelegen, verlängert. Im selben Jahr wurde die Verbindung zwischen Colmar und Mülhausen dem Betrieb übergeben, so dass nun der größte Teil der heute bestehenden Strecke durchgehend befahrbar war. 1844 und 1846 gingen noch die beiden letzten Teilstücke, Koenigshoffen–Strasbourg und Saint-Louis–Basel, in Betrieb.[3] Somit erreichten am 15. Juni 1844 rund drei Jahre vor der ersten innerschweizerischen Bahnstrecke, der Spanisch-Brötli-Bahn, erstmals Eisenbahnzüge Schweizer Boden. Der mittlerweile stillgelegte Bahnhof Königshofen liegt an der Straßburger Güterumgehungsbahn und ist heute nicht mehr direkt mit dem Hauptbahnhof Strasbourg-Ville verbunden.
In Basel wurde seit der Konzessionseingabe 1840 über den Standort der Endstation, entweder innerhalb oder außerhalb der Stadtmauern, debattiert. Grund war einerseits der Status Basels als Festungsanlage, andererseits aber der Umstand, dass es sich bei der Compagnie du chemin de fer de Strasbourg à Bâle (StB) um ein ausländisches Unternehmen handelte. 1841 fällte der Basler Grosse Rat die Entscheidung zugunsten eines Bahnhofs innerhalb der Stadtmauern, als Standort wurde das Schällemätteli festgelegt.
Für die neue Bahnstrecke musste ein Stück der alten Basler Schanzen einem neuen Stadtgraben weichen und die Compagnie du chemin de fer de Strasbourg à Bâle wurde per Vertrag gezwungen, nebst der Linie und dem Bahnhof auch eine Brücke über den Stadtgraben mit einem verschliessbaren Tor zu bauen. Die Eröffnung verzögerte sich jedoch, so dass außerhalb der Stadtmauern ein provisorischer Bahnhof erstellt wurde, der etwa auf dem Gelände des heutigen Bahnhofs St. Johann lag. Dieser wurde 1844 eröffnet, brannte jedoch bereits 1845 nieder. Im gleichen Jahr ging der erste offizielle Basler Bahnhof der Compagnie du chemin de fer de Strasbourg à Bâle beim heutigen Biozentrum der Universität Basel in Betrieb.
Die 1853 gegründete Schweizerischen Centralbahn baute 1854 nahe der Engelsgasse ebenfalls einen provisorischer Bahnhof. Ab 1858 konnte man von hier durch den ersten Eisenbahntunnel der Schweiz, den Hauensteintunnel, nach Olten reisen. 1860 wurde ein neuer Gemeinschaftsbahnhof der Schweizerischen Centralbahn und der Compagnie du chemin de fer de Strasbourg à Bâle an der Lage des heutigen Centralbahnhofs und eine Verbindungsstrecke zwischen diesem und dem heutigen Bahnhof St. Johann gebaut. Die vorherigen Bahnhöfe wurde zurückgebaut.
1907 wurde der Gemeinschaftsbahnhof durch einen Neubau ersetzt und im gleichen Zug die Bahnstrecke tiefergelegt und um die nun gewachsene Stadt herumgeführt. Das Birsigviadukt direkt neben dem Centralbahnhof und die alte Bahnstrecke durch die Stadt wurden dem Strassenverkehr zugeführt.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 wurde der grenzüberschreitende Verkehr auf der Strecke unterbrochen, der Güterverkehr Ende 1915 wieder aufgenommen.[5]
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 wurde das Reichsland Elsaß-Lothringen an Frankreich zurückgegeben, und die Strecke wechselte ins Eigentum der Réseau ferroviaire d’Alsace-Lorraine (AL), die mit der Verstaatlichung 1938 in der SNCF aufging. 1985 wurde zur 125-Jahr-Feier des Basler Centralbahnhofs eine grosse Lokparade mit über 57 Fahrzeugen[6] auf dem Abschnitt Saint-Louis–Basel SBB durchgeführt.[7] Am 10. Juni 2007 wurde der TGV-Betrieb zwischen Paris und Strasbourg aufgenommen. Einige Zugpaare verkehrten bis 2011 über die Strecke nach Mulhouse, Basel SBB und Zürich HB.
Funktion
Die seit ihrer Eröffnung zweigleisige Strecke wird, im Gegensatz zum Verkehr in Restfrankreich, aufgrund ihrer deutschen Vergangenheit im Rechtsverkehr befahren. Der ursprüngliche Zweck der Strecke war, gemeinsam mit der in Strasbourg ansetzenden Strecke nach Paris eine durchgehende Verbindung zwischen der Schweiz und der französischen Hauptstadt zu schaffen. Die erwünschte Funktion erhielt sie aber nicht, denn diese Züge verkehrten stattdessen über die zwischen 1856 und 1858 dem Verkehr übergebene Ostbahn-Hauptstrecke via Belfort. Erst mit der Eröffnung der LGV Est fuhren TGV-Züge zwischen Paris und Basel über die Strecke, aber auch nur bis zur Eröffnung der LGV Rhin-Rhône im Dezember 2011. Ausgestattet ist sie mit dem automatischen, französischen Signalsystem Block automatique lumineux (BAL).
Infrastruktur
Strecke
Die Strecke ist seit 1957 durchgehend elektrifiziert.[8] Auch auf dem kurzen Abschnitt in der Schweiz von der Grenze bis zum Bahnhof Basel SNCF kommt das französische Bahnstromsystem mit 25 kV 50 Hz~ zum Einsatz. Somit können französische Elektrotriebfahrzeuge ohne Systemwechsel bis Basel durchfahren, und ein Einsatz von Mehrsystemfahrzeugen ist nicht notwendig. Erst am Übergang zum Bahnhof Basel SBB findet ein Systemwechsel statt. Umgekehrt bedeutet dies, dass der Bahnhof Basel St. Johann von Schweizer Elektrotriebfahrzeugen nicht angefahren werden kann, wenn sie nicht auch für das französische Stromsystem geeignet sind.
Bahnhof und BW Sélestat
Im Bahnhof Sélestat zweigten oder zweigen die Bahnstrecke Sélestat–Saverne, die Bahnstrecke Sélestat–Lesseux-Frapelle–(Saint-Dié-des-Vosges) (ohne Verkehr) und die Bahnstrecke Sélestat–Sundhouse (stillgelegt) ab. Dort gab es recht früh auch schon ein Bahnbetriebswerk (Bw), das südlich des Personenbahnhofs errichtet wurde. Es hatte einen Rundlokschuppen mit acht Gleisen. Für eine Erweiterung fehlte dort der Platz, so dass die EL einen kompletten Neubau umsetzten, den sie gegenüber dem Empfangsgebäude auf der anderen Gleisseite platzierten. Er erhielt einen Ringlokschuppen mit einer 20 m-Drehscheibe und 10 Gleisen. Nach Übernahme durch die AL wurde die Anlage den Gegebenheiten nach dem Ersten Weltkrieg angepasst. Im Zweiten Weltkrieg zerstörte ein einziger Luftangriff zwei Drittel der Anlage, aber nur eine Lokomotive erlitt dabei Totalschaden.[9] Nach dem Zweiten Weltkrieg war das BW noch mindestens bis 1953 in Betrieb. Der Ringlokschuppen stand noch bis in den Beginn der 1990er-Jahre, bevor er abgerissen wurde.[10]
Verkehr
Personenverkehr
Fernverkehr
International
Der Strecke kommt sowohl im Fern- als auch im Regionalverkehr eine große Bedeutung zu. Im Fernverkehr verkehren diverse TGV-Relationen, so zwischen Paris und Mulhouse und zwischen Paris und Zürich, aber auch zwischen Strasbourg und Montpellier-Saint Roch oder Marseille-Saint-Charles. Letztere Relation vollzieht in Mulhouse eine Spitzkehre, um auf die LGV Rhin-Rhône nach Besançon Franche-Comté TGV und weiter über Dijon und Lyon zur LGV Méditerranée zu gelangen. Mit der Eröffnung der LGV Rhin-Rhône im Dezember 2011 verkehren die TGV-Züge aus der Schweiz ab Mulhouse ebenfalls über diese Neubaustrecke, um dann nördlich von Dijon auf die LGV Sud-Est zu wechseln, was eine Fahrzeitverkürzung von 30 Minuten mit sich bringt.[11] Die TGV-Züge hielten nebst an den Endbahnhöfen Strasbourg und Basel noch in Colmar und Mulhouse. Seit März 2012 verkehrt täglich ein TGV-Zugpaar von Frankfurt am Main nach Marseille.
Innerfranzösischer Verkehr
Mit der Inbetriebnahme der LGV Rhin-Rhône im Dezember 2011 wurden die vormals über die Strecke verkehrenden Corail-Züge durch TGV-Verbindungen ersetzt. Die meist in Strasbourg startenden oder endenden Züge halten im Bahnhof Mulhouse-Ville und größtenteils auch in Colmar. Zielbahnhöfe sind unter anderem Lyon, Marseille und Montpellier.
Früher verkehrten Nachtzüge von Strasbourg nach Nizza und Cerbère bzw. Portbou. Zwischenhalte waren Sélestat, Colmar und Mulhouse. Eine Wiedereinführung ist angedacht.
Regionalverkehr
Von 1997 bis 2008 verkehrten Zweistrom-Pendelzüge der S-Bahn Basel von Frick nach Mülhausen auf der Strecke. Seither enden alle Regionalzüge aus Frankreich wieder in Basel SNCF und werden nicht mehr in die Schweiz durchgebunden.[12]
Der TER200 (Linie A01), ein aus Corail-Wagen bestehender beschleunigter TER, verbindet Basel mit Strasbourg und andern größeren Städten im Elsass. Früher fuhren einige dieser Züge weiter nach Nancy und Metz. Es besteht ein täglicher Stundentakt, welcher in den Hauptverkehrszeiten teilweise zum Halbstundentakt verdichtet wird.
Ergänzt wird der TER200 durch konventionelle TER, welche alle Haltestellen zwischen Basel SNCF und Strasbourg in unterschiedlicher Frequentierung bedienen. Alle Verbindungen werden von der SNCF betrieben und laufen unter der Marke TER Grand-Est Fluo.[13]
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Im Güterverkehr nutzen vor allem Züge der Gesellschaften Fret SNCF und DB Cargo die Strecke.
Zukunft
Mit der Eröffnung der zweiten Phase der LGV Rhin-Rhône werden die TGV-Züge nach Paris nochmal schneller werden.
Der Bahnhof Basel SNCF wird mittelfristig an die SBB übergeben, welche den gesamten Betrieb im Bahnhof Basel SBB abwickeln werden, so dass die angegliederte Fläche des SNCF-Bahnhofs für weitere Nutzungen frei wird.
Die Pläne zur Neuaufgleisung der trinationalen S-Bahn Basel betreffen auch die Verbindungen ab Basel nach Frankreich und entsprechend den Bahnhof Basel SNCF. Mit dem Ausbau des Bahnknotens Basel öffnen sich Möglichkeiten um neue Verbindungen herzustellen.
Im Zielbild für die S-Bahn Basel 2040 sind folgende S-Bahn-Linien aufgeführt, die neu auf dem Abschnitt Mulhouse – Basel verkehren und die TER-Linie A15 ersetzen sollen:[14]
Damit zukünftig auch Güterzüge mit Sattelaufliegern von vier Metern Eckhöhe über Frankreich nach Basel gelangen können, soll zwischen 2025 und 2029 für 114 Millionen Franken das Profil der Elsässerbahn auf Basler Stadtgebiet angepasst werden.[15]
Literatur
Pièrre Dominique Bazaine: Chemin de fer de Strasbourg à Bâle. Paris 1892.
Jean Buchmann, Jean-Marc Dupuy, Andreas Knipping, Hans-Jürgen Wenzel: Eisenbahngeschichte Elsass-Lothringen. EK-Verlag, Freiburg 2021. ISBN 978-3-8446-6429-4
André Lefevre: La ligne de Strasbourg à Bâle. P. H. Heitz, Strasbourg, Zürich 1947.
↑Joanne, Adolphe (1859). Atlas historique et statistique des chemins de fer français. Paris: L. Hachette. S. 39. (Auf Französisch)
↑Direction Générale des Ponts et Chaussées et des Chemins de Fer (1869) (in French). Statistique centrale des chemins de fer. Chemins de fer français. Situation au 31 décembre 1869. Paris: Ministère des Travaux Publics, S. 146–160.
↑Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 20. November 1915, Nr. 57. Bekanntmachung Nr. 758, S. 372.