Léon Bollée (1870–1913) gründete 1895 das Unternehmen in Le Mans und begann mit der Produktion von Automobilen. Der Markenname lautete Léon Bollée. Darracq war Lizenznehmer.
Nach dem Ersten Weltkrieg sank die Produktionszahl. Nach dem Tod von Léon Bollée 1913 führte seine Witwe zusammen mit Henri Péan und einem Herrn Faivre das Unternehmen. 1925 übernahm die Morris Motor Company das Unternehmen und benannte es in Morris Motors Ltd., Usines Léon Bollée um. Der neue Markenname lautete Morris-Léon Bollée. 1931 erfolgte eine erneute Umbenennung in Société Nouvelle Léon Bollée. Der Markenname lautete erneut Léon Bollée. 1933 endete die Produktion.[3]
Fahrzeuge
Automobiles Léon Bollée (1895–1924)
1895 entstand als erstes Fahrzeug ein Tricar, das Voiturette genannt wurde. Der Begriff Voiturette wurde später von vielen Herstellern für kleine Fahrzeuge verwendet. Für den Antrieb standen verschiedene luftgekühlteEinzylindermotoren mit 640 cm³, 692 cm³, 825 cm³ und 995 cm³ Hubraum zur Wahl, die zwischen 2 und 4 PS leisteten[4]. Die Fahrzeuglänge betrug 2500 mm. Die Fahrzeuge hatten ein Dreiganggetriebe. Die erreichbaren Geschwindigkeiten in den Gängen lagen bei: 1. Gang 8 km/h, 2. Gang 16 km/h und 3. Gang 24 km/h.[5] 1896 erwarb die British Motor Company Ltd. die Vertriebsrechte für Großbritannien.[6]
Léon Bollée Tricar Voiturettes nahmen zwischen 1896 und 1899 an mehreren Rennen in Frankreich teil, z. B. Léon und Amedée Bollée am Rennen Paris-Marseille-Paris 1896[7][8]; 1897 erreichte Jamin Klassensiege beim Rennen Paris-Dieppe[9] und Paris-Trouville[10] sowie beim Course de Côte de Chanteloup im November 1898[11]. 1899 wurde diese Modellreihe eingestellt.
1899 folgten Voiturettes mit vier Rädern (Quadricycle), deren Rahmen auf denen des Tricars basierten[12] und die wassergekühlte Einzylindermotoren hatten.
1902 ergänzten Modelle mit Vierzylindermotor und Kettenantrieb das Angebot. Das waren der 18/24 CV mit 3920 cm³ Hubraum, der 24/30 CV mit 4500 cm³ Hubraum, der 35/45 CV mit 7360 cm³ Hubraum und der 40/50 CV mit 8500 cm³ Hubraum. Ab 1908 wurde die Motorleistung mit einer Kardanwelle an die Hinterachse übertragen.
1910 wurden auf dem Pariser Autosalon drei Vierzylindermodelle vom 12 CV mit 2380 cm³ Hubraum bis zum 24/30 CV sowie drei Sechszylindermodelle vom 18 CV mit 3570 cm³ Hubraum bis zum 75 CV mit 11.940 cm³ Hubraum.
Léon u. Mme. Bollée auf Tricycle 3 CV (1897)
Tricycle 3 CV (1897), mit Verdeck
Jamin auf Tricycle 3 CV (1898 Côte de Chanteloup)
Wilfrid mit Tricycle 3 CV (1899 Course des voitures á réclamer)
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden folgende Modelle und Typen angeboten:
Typ G5: Gebaut 1919 bis 1920, 4 Zylinder, 80 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 2615 cm³,
Typ G6: Gebaut 1919 bis 1920, 4 Zylinder, 85 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 2940 cm³,
Typ G7: Gebaut 1919 bis 1920, 4 Zylinder, 95 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 3672 cm³,
Typ G8: Gebaut 1919 bis 1920, 6 Zylinder, 83 mm Bohrung, 110 mm Hub, Hubraum 3561 cm³[13][14]
Diese Typen wurden 1920 abgelöst durch eine neue Typenserie:
Typ P (12CV): Gebaut 1921 bis 1925, 4 Zylinder, 80 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 2615 cm³, Radstand 3130 mm[15][16],
Typ H2 (15CV): Gebaut 1920 bis 1922, 4 Zylinder, 85 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 2940 cm³, Radstand 2940 mm,
Typ H3 (18CV): Gebaut 1920 bis 1921, 4 Zylinder, 95 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 3672 cm³, Radstand 3020 mm,
Typ G (18CV): Gebaut 1920 bis 1922, 6 Zylinder, 83 mm Bohrung, 110 mm Hub, Hubraum 3561 cm³, Radstand 3280 mm[17],
Typ N (20CV): Löste den Typ G in der Produktion ab, gebaut 1922 bis 1924, 6 Zylinder, 80 mm Bohrung, 130 mm Hub, Hubraum 3918 cm³, Radstand 3600 mm,
Typ M (10CV): Gebaut 1923 bis 1926, 4 Zylinder, 72 mm Bohrung, 120 mm Hub, Hubraum 1947 cm³, Radstand 3000 mm[18].
Morris-Léon Bollée (1925–1931)
Das neue Basismodell 12 CV, auch MLB genannt, war eine englische Konstruktion. Hotchkiss lieferte den Vierzylindermotor mit 2402 cm³ Hubraum und OHV-Ventilsteuerung. Daneben stand auch ein Sechszylindermodell im Angebot. Der Preis für das Fahrgestell betrug 26.000 Französische Franc. Außerdem gab es ein Modell mit einem Achtzylinder-Reihenmotor mit 3072 cm³ Hubraum zu einem Preis von 71.300 Franc für das Fahrgestell. Fahrgestell und Motor stammten von der Wolseley Motor Company.
Nun entstand nur noch ein Modell, der ELB. Er war mit einem Vierzylindermotor mit 1997 cm³ Hubraum ausgestattet. Dieses Modell wurde auch als Lieferwagen hergestellt und nach England exportiert. Die Sechs- und Achtzylindermodelle wurden ebenfalls noch angeboten, fanden allerdings keine Käufer. Dabei dürfte es sich um übriggebliebene Fahrzeuge gehandelt haben, die während der Morris-Léon-Bollée-Ära auf Vorrat produziert wurden.
Produktionszahlen, soweit bekannt
1903 entstanden 300 Fahrgestelle bzw. komplette Fahrzeuge. 1908 waren es schon 500 Exemplare, und von 1911 bis 1914 jährlich etwa 600. Vom Morris-Léon Bollée 12 CV entstanden in den ersten drei Jahren etwa 1250 Exemplare, vom Sechszylindermodell nur 25 und vom Achtzylindermodell lediglich sechs.[3]
George Nicholas Georgano (Hrsg.): The Beaulieu Encyclopedia of the Automobile. Band2: G–O. Fitzroy Dearborn Publishers, Chicago 2001, ISBN 1-57958-293-1, S.890–892 (englisch).
René Bellu, Toutes les voitures Françaises 1920, in Automobilia Hors-Serie No.86, Paris 2004, zit. als „Bellu 1920“
René Bellu, Toutes les voitures Françaises 1921, in Automobilia Hors-Serie No.31, Paris 2007, zit. als „Bellu 1921“
René Bellu, Toutes les voitures Françaises 1922, in Automobilia Hors-Serie No.76, Paris 2006, zit. als „Bellu 1922“
René Bellu, Toutes les voitures Françaises 1923, in Automobilia Hors-Serie No.92, Paris 2008, zit. als „Bellu 1923“
René Bellu, Toutes les voitures Françaises 1924, in Automobilia Hors-Serie No.82, Paris 2007, zit. als „Bellu 1924“
René Bellu, Toutes les voitures Françaises 1925, in Automobilia Hors-Serie No.72, Paris 2006, zit. als „Bellu 1925“
↑George Nicholas Georgano (Hrsg.): The Beaulieu Encyclopedia of the Automobile. Band3: P–Z. Fitzroy Dearborn Publishers, Chicago 2001, ISBN 1-57958-293-1, S.1765 (englisch).
↑Beverly Rae Kimes, Henry Austin Clark Jr.: Standard catalog of American Cars. 1805–1942. 3. Auflage. Krause Publications, Iola 1996, ISBN 0-87341-428-4, S.1572 (englisch).
↑ abGeorge Nicholas Georgano (Hrsg.): The Beaulieu Encyclopedia of the Automobile. Band2: G–O. Fitzroy Dearborn Publishers, Chicago 2001, ISBN 1-57958-293-1, S.890–892 (englisch).
↑G. D.: Voiturette Bollée à trois places. In: Raoul Vuillemot (Hrsg.): La locomotion automobile. Band4, Nr.52. Paris 30. Dezember 1897, S.615–617.
↑The Bollée Tricycle. In: W. H. Smith (Hrsg.): The Automotor and Horseless Vehicle Journal. BandI, Nr.2. W. H. Smith & Son, London November 1896, S.53.
↑Emmanuel Aimé: Course Paris-Marseille. In: Raoul Vuillemot (Hrsg.): La locomotion automobile. Nr.15. Paris 1. Oktober 1896, S.253–256.
↑The Horseless Age: Paris-Marseilles-Paris. Hrsg.: E. P. Ingersoll. BandI, Nr.10. The Horseless Age Co., New York Oktober 1896, S.4–17.
↑La locomotion automobile: Course Paris-Dieppe. Hrsg.: Raoul Vuillemot. Band4, Nr.30. Paris 29. Juli 1897, S.348–350.
↑La locomotion automobile: Paris-Trouville. Hrsg.: Raoul Vuillemot. Band4, Nr.33. Paris 19. August 1897, S.388–390.
↑Frantz Reichel: Une Course de Côte. In: P. Jeanniot (Hrsg.): Le Sport universel illustré. Paris 10. Dezember 1898, S.801–803.
↑Frederick Gougy: The Old and New Bollée Voiturettes. In: Fred H. Colvin (Hrsg.): The Automobile Magazine. BandI, Nr.4. U.S. Industrial Publishing Co., New York Januar 1900, S.419–422.