Der Aszendent (abgekürzt ASC oder AC; altgriechischὡροσκόποςhoroskopos, lateinischhoroscopos oder ascendens‚aufsteigend‘) ist ein Begriff aus der Astrologie. Er ist der Schnittpunkt des Osthorizonts mit der Ekliptik und bezeichnet den zum gegebenen Zeitpunkt und geografischen Ort am östlichen Horizont aufgehenden Grad des Tierkreises.
Den gegenüberliegenden Grad am Westhorizont nennt man den Deszendenten (abgekürzt DSC oder DC; griechisch δύσιςdusis oder δυνόνdunon, lateinisch occasus oder decendens‚absteigend‘). Die Verbindungslinie von Aszendent und Deszendent wird Horizontachse genannt.[1]
Der Aszendent ist der Anfang oder die Spitze des 1. Hauses des zwölfteiligen astrologischen Häuserkreises und gilt als ein sehr wichtiger Faktor im Horoskop. Allgemein beschreibt der Aszendent (unter Einbeziehung anderer Deutungselemente) nach Ansicht von vielen Astrologen auch die Persönlichkeit oder zumindest einen entscheidenden Anteil davon. Vom Aszendenten als Ausgangspunkt sollen sich Hinweise auf die Grundmotivation, mit der der Horoskopeigner ins Leben tritt, ermitteln lassen. Er soll beispielsweise anzeigen, mit welchem instinktiven Temperament und zunächst unbewussten 'Lebenskräften' der Geborene im Kern ausgestattet ist.[2] Traditionellere Sichtweisen verbinden mit dem Aszendenten den Körperbau und Lebensvitalität.[3] In astrologischen Richtungen, die mit den so genannten Halbsummen arbeiten, soll der Aszendent abbilden, wie der Mensch auf seine Mitwelt wirkt, wie er von ihr gesehen und wahrgenommen wird. Er symbolisiert dabei den Einfluss anderer auf das eigene Verhalten sowie die eigene Reaktion auf die Umwelt.[4]
Berechnung des Aszendenten
Um das Tierkreiszeichen des Schnittpunktes von Horizont und Ekliptik bei gegebener lokaler Sternzeit θ, geografischer Breite Φ und der Schiefe der Ekliptikε = 23° 26′ 21,45″ (J2000.0) bestimmen zu können, muss dessen ekliptikale Länge λ bestimmt werden. Aus dem Dreieck der Großkreise Horizont (im astronomischen Sinn), Himmelsäquator und Ekliptik auf der Himmelskugel (siehe Grafik) ergibt sich nach dem Kotangenssatz folgender Zusammenhang:
Aus folgt:
Da die meisten Implementierungen der Arkustangens Funktion den Wertebereich besitzen, muss der zurückgegebene Wert noch durch λ mod 180° umgerechnet werden. Des Weiteren gibt es zwei Schnittpunkte zwischen Horizont und Ekliptik. Um festzustellen, welchen Punkt Arkustangens zurückgibt, betrachtet man den Quadranten von θ. Gilt wird der Deszendent zurückgegeben, ansonsten der Aszendent.
Zur Umrechnung zwischen Aszendenten und Deszendenten addiert man 180° und bringt ggf. das Ergebnis – zum Beispiel mit (λ + 180°) mod 360 – wieder in den Wertebereich .
Bestimmen des Tierkreiszeichens
Die in der Astrologie verwendeten zwölf Tierkreiszeichen teilen die Ekliptik in 30°-Schritten. Mittels der berechneten ekliptikalen Länge λ kann durch die Tabelle der Tierkreiszeichen das entsprechende Tierkreiszeichen ermittelt werden.
Durch den Präzessionseffekt bewegt sich die Basis des ekliptikalen Koordinatensystems – der Frühlingspunkt – auf der Ekliptik weiter. Dadurch ändert sich die Lage aller Fixsterne und somit auch der Sternbilder im tropischen Tierkreis. Insofern unterscheidet sich das heutige astronomische Sternbild des Aszendenten vom astrologischen.
Deklination und Rektaszension des Aszendenten
Da β = 0° (ekliptikale Breite) ist die Umrechnung von ekliptikalen und äquatorialen Koordinaten besonders einfach: es gilt sin ε · sin λ = sin δ und tan λ · cos ε = tan α.
Spezialfälle
An den Polen schneidet der Frühlingspunkt stets den Horizont. Der Aszendent hat daher je nach Tageszeit immer die ekliptikale Länge 0° oder 180°.
An den Polarkreisen ist einmal am Tag die Horizontebene parallel mit der Ekliptikebene (bei θ = 90° am südlichen und θ = 270° am nördlichen Polarkreis). Die beiden Großkreise fallen dann zusammen und es kann kein Aszendent definiert werden.
Abschätzen des Fehlers
Da θ, Φ und ε stets fehlerbehaftete Größen sind, kann der Fehler durch das totale Differential
abgeschätzt werden. Der maximale Fehler lässt sich durch das Maximieren der partiellen Ableitungen errechnen; dies ist jedoch nicht sinnvoll, da die Funktion wie bei den Spezialfällen erwähnt am Polarkreis eine Polstelle besitzt und der Fehler dort theoretisch unendlich groß sein würde.
Sinnvoller ist eine statistische Methode: für 99 % aller Werte ist der Fehler besser als
Dies bedeutet, dass bei 99 % aller möglichen Werte für θ, Φ und ε die partiellen Ableitungen kleiner sind als die dargestellten Zahlen. Da sich die lokale Sternzeit durch Addition der geografischen Länge zur Sternzeit am Nullmeridian errechnet, kann auch geschrieben werden.
Daraus lässt sich erkennen, dass für eine Bestimmung von λ mit einer Genauigkeit von 1° die geografische Breite des Geburtsortes mindestens auf 9' genau bekannt sein muss, dies entspricht rund 17 km für den 50. Breitengrad. Die Geburtszeit geht additiv in die Sternzeit ein, der erlaubte Fehler ist 1°/2.77, dies entspricht einem Zeitraum von ca. 1,5 Minuten und ist die erforderliche Genauigkeit der Geburtszeit.
Zur Bestimmung des jeweiligen Tierkreiszeichens ist (je nach Ort und Zeit) eine deutlich größere Ungenauigkeit zulässig. Für den 18. Februar 1983 ist für ganz Deutschland von 11:00 Uhr bis 11:40 Uhr der Aszendent Zwilling, an einzelnen Orten in Deutschland beginnt der Aszendent jeweils zwischen 10:00 Uhr (im Nordosten) und 11:00 Uhr und endet nach 1,5 Stunden bis 2 Stunden zwischen 11:40 Uhr und 12:45 Uhr (im Südwesten).
Beispiele
Breite [°]
Länge [°]
Datum (UT)
JD
T
Θ [°]
θ [°]
tan(λ)
S1 [°]
S2 [°]
Aszendent
Position [°]
48
16
10.11.1983 13:04
2445649,04444
-0,161422466
-2128074,8724
261,1276
-0,331882633
161,6399
341,6399
Fische
11,6399
-61
-27
10.12.1986 23:12
2446775,46667
-0,130582706
-1721452,6173
40,3827
6,183809507
80,8141
260,8141
Zwillinge
20,8141
78
17
07.08.2007 13:08
2454320,04722
0,075976652
1002032,6786
169,6786
0,483263665
25,7928
205,7928
Waage
25,7928
-30
161
16.12.2002 23:32
2452625,48056
0,029581945
390318,4334
239,4334
-0,498741575
153,4927
333,4927
Fische
3,4927
17
57
17.05.1987 18:18
2446933,26250
-0,126262491
-1664490,5863
206,4137
-3,125708396
107,7409
287,7409
Steinbock
17,7409
-1
-58
18.09.1979 03:35
2444134,64931
-0,202884345
-2674749,7820
352,2180
7,553238471
82,4583
262,4583
Zwillinge
22,4583
63
-17
17.09.1987 01:24
2447055,55833
-0,122914214
-1620343,5457
359,4543
-1,295373592
127,6674
307,6674
Löwe
7,6674
-14
-6
06.12.2020 00:27
2459189,51875
0,209295517
2759842,0104
76,0104
-0,305584898
163,0076
343,0076
Jungfrau
13,0076
-17
-61
28.10.1976 14:19
2443080,09653
-0,231756426
-3055428,1992
190,8008
-3,346284094
106,6382
286,6382
Steinbock
16,6382
-27
51
03.09.2010 02:04
2455442,58611
0,106710092
1407253,1061
64,1061
-0,701318031
144,9573
324,9573
Löwe
24,9573
45
-93
03.08.2008 09:41
2454681,90347
0,085883736
1132657,5913
4,5913
-2,115346746
115,3018
295,3018
Krebs
25,3018
-90
-21
25.05.2015 07:15
2457167,80208
0,153943931
2030031,3107
330,3107
0,000000000
0,0000
180,0000
Widder
0,0000
-36
20
21.11.1987 12:15
2447121,01042
-0,121122234
-1596716,2831
263,7169
-0,091126331
174,7932
354,7932
Fische
24,7932
-3
-178
12.07.2016 19:13
2457582,30069
0,165292285
2179659,3601
41,3601
-1,282114641
127,9529
307,9529
Löwe
7,9529
Legende: Breite/Länge: Breiten bzw. Längengrade, nach Süden bzw. Westen negativ; JD: Julianisches Datum; T: Julianische Jahrhunderte seit J2000.0; Θ: Sternzeit am Nullmeridian; θ: lokale Sternzeit;
S1 bzw. S2: Schnittpunkte der Ekliptik mit dem Horizont; Position: Längendifferenz zum Sternzeichenbeginn
Literatur
Herbert von Klöckler: Kursus der Astrologie 1 : Lehrbuch der astrologischen Technik für Anfänger und Fortgeschrittene. Bauer, 1978, ISBN 3-7626-0172-0, S. 123–131.