Alfred Wallis wuchs in Devonport und in Penzance auf und wurde mit neun Jahren Schiffsjunge der Handelsschifffahrt auf dem Nordatlantik und im Hochseefischfang.[1] Nach seiner Heirat im Jahr 1885 heuerte er auf lokalen Fischkuttern an und arbeitete in Penzance. 1890 zog die Familie nach St Ives, wo er ein kleines Ladengeschäft führte. Nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1920 begann er als Autodidakt zu malen. Er malte mit den am Ort gehandelten Schiffsfarben auf billigen Materialien wie Karton, Holzbrettern und Dosen. Seine Bilder entspringen seinem Gedächtnis; er malte Dinge, die er früher einmal gesehen hatte. Die gemalten Bilder wurden sonntags verhüllt, da dies seinem religiösen Verständnis des Bilderverbots entsprach.
Als 1928 die Londoner Avantgardisten Ben Nicholson und Christopher Wood eine Künstlerkolonie in St Ives aufmachten, wurde er von den jungen Künstlern als lokales Original in ihren Kreis aufgenommen. Wallis blieb allerdings bei seinem naiven Malstil. Er konnte nur wenig verkaufen und starb in Armut. Bei seiner Beerdigung waren Naum Gabo, Adrian Scott Stokes, Margaret Mellis, Bernard Leach und Barbara Hepworth zugegen. Gabo schrieb auf eine Kranzschleife: „Dem Künstler, dem die Natur die seltenste Gabe verlieh: nicht zu wissen, dass er ein Künstler ist“.[2] Der Töpfer Bernard Leach gestaltete Wallis' Grab in St Ives.
Alfred Wallis, Piccadilly Gallery, London, Juli 1962
Alfred Wallis, Modern Art Gallery, London, 10. Juli 2015 bis 8. August 2015
Literatur
Wallis, Alfred. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band5: V–Z. Nachträge: A–G. E. A. Seemann, Leipzig 1961, S.75 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
Volker Dallmeier, Werner Poeschel: Naive Kunst : Geschichte und Gegenwart. Ausstellungskatalog. Bielefeld : Kunsthalle Bielefeld. 1981, S. 17 f.; S. 128 f.
Eric Lister, Sheldon Williams: Twentieth century British naïve and primitive artists. London : Astragal Books, 1977, S. 182 f.
Anatole Jakovsky: Lexikon der Laienmaler aus aller Welt. Dictionnaire des peintres naïfs du monde entier = Lexicon of the world's naive painters. Basel : Basilius-Presse, 1976, S. 627
Oto Bihalji-Merin: Die Naiven der Welt. 2. Aufl. Stuttgart : Kohlhammer, 1973, S. 92; S. 299
E. Mullins: Alfred Wallis. Cornish Primitive Painter. London, 1967
Markus Sahr: Wallis. Die wirkliche Farbe. Erzählung. Leipzig: Leipziger Literaturverlag 2022, 115 S.
↑Nach Eric Lister und Sheldon Williams in Twentieth century British naïve and primitive artists, 1977, S. 182 f., gibt es keine gesicherten Erkenntnisse über Wallis' Jugend. Für Volker Dallmeier, Werner Poeschel gibt es auch keinen Beleg, ob Wallis überhaupt zur See gefahren ist.
↑Zitat bei: Volker Dallmeier, Werner Poeschel: Naive Kunst, 1981, S. 18