„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.
Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“
– CDU: Ahlener Programm 1947
Die westlichen Besatzungsmächte USA, Großbritannien und Frankreich standen der deutschen Industrie und den Großkonzernen wegen deren früherer Verbundenheit mit den Nationalsozialisten skeptisch bis ablehnend gegenüber. Zugleich drohten der CDU – innere Orientierung suchend – von Seiten der sich konstituierenden Sozialausschüsse heftige Flügelkämpfe. Der linke Flügel der CDU war von erheblicher Stärke; unter Führung von Jakob Kaiser verlangte er eine stärkere Ausrichtung auf einen „Sozialismus aus christlicher Verantwortung“. Dieses fand seinen Ausdruck im Ahlener Programm, das eine teilweise Vergesellschaftung der Großindustrie und starke Mitbestimmungsrechte forderte. Gleichzeitig sprach es sich gegen einen Staatssozialismus aus.
Diesem Begehr kam Adenauer mit einem von ihm schon am 7. Januar 1947 formulierten Entwurf entgegen, der später fast wortgleiche Wiedergabe im Ahlener Programm fand. In den Jahren nach der Verabschiedung des Ahlener Programms setzte sich innerhalb der CDU, maßgeblich vorangetrieben von Konrad Adenauer, eine wirtschaftspolitische Strategie durch, die sich an der sozialen Marktwirtschaft orientierte. Das Programm wurde durch die zwei Jahre später beschlossenen Düsseldorfer Leitsätze revidiert und weiterentwickelt.
Wie Rudolf Uertz dargestellt hat, war ein Interpretationsschlüssel für eine liberale Lesart auch schon der in der Präambel aufgenommene Grundsatz Adenauers: „Ausgangspunkt aller Wirtschaft ist die Anerkennung der Persönlichkeit. Freiheit der Person auf wirtschaftlichem und Freiheit auf politischem Gebiet hängen eng zusammen. Die Gestaltung und Führung der Wirtschaft darf dem einzelnen nicht die Freiheit seiner Person nehmen.“ Diese Bestimmungen finden sich auch schon in seinem Neheim-Hüstener Programm vom 1. März 1946.[3]
Rudolf Uertz: Das Ahlener Programm. Die Zonenausschusstagung der CDU der britischen Zone vom 1. bis 3. Februar 1947 und ihre Vorbereitungen. In: Die Politische Meinung. Monatsschrift zu Fragen der Zeit. Nr. 446, Sankt Augustin 8. Januar 2007, S. 47–52 (PDF; 129 kB).
Henning Köhler: Adenauer, Eine politische Biografie. Band 1, Berlin 1997, S. 394 f.
Antonius John: Ahlen und das Ahlener Programm. Dokumente-Ereignisse-Erinnerungen. Druck- und Verlagshaus Everhard Sommer, Ahlen 1977.
Antonius John: Das Ahlener Programm, sein Geist und seine politische Moral, zum 40. Jahrestag/3. Februar 1987. Herausgegeben vom CDU-Kreisverband Warendorf-Beckum, Warendorf 1987.
Antonius John: Ahlener Programm und Bonner Republik. Vor 50 Jahren: Ideenwettlauf und Rivalitäten. Bouvier-Verlag, Bonn 1997, ISBN 3-416-02673-X.
↑Markus Lingen, Sachbearbeiter Abteilung Zeitgeschichte KAS über die Verabschiedung der „Düsseldorfer Leitsätze“
↑Georg Stötzel, Martin Wengeler, 1995: Kontroverse Begriffe: Geschichte des öffentlichen Sprachgebrauchs in der Bundesrepublik Deutschland. Band 4 von Sprache, Politik, Öffentlichkeit. Herausgeber Georg Stötzel, Verlag Walter de Gruyter, ISBN 311014106X, ISBN 9783110141061. S. 37.