Trotz seines Erfolgs und seiner Wirkung über den deutschsprachigen Raum hinaus wurde Hildebrand zeitweilig wegen seiner Orientierung an der italienischen Renaissance und seiner ausgedehnten Italienaufenthalte (Hildebrand kaufte 1874 ein ehemaliges Kloster, die heutige Villa di San Francesco di Paola, in Florenz) in der Heimat angefeindet, da seine Kunst als „zu wenig deutsch“ angesehen wurde. Seinen Hauptwohnsitz hatte von Hildebrand lange in Florenz, erst 1898 bezog er eine von ihm selbst entworfene Villa im Münchner Stadtteil Bogenhausen, die bald Treffpunkt der Münchner Gesellschaft wurde – heute bekannt als Hildebrandhaus.[1] Von Hildebrand war verheiratet mit Irene, geschiedene Koppen, geborene Schäufelen, sie hatten sechs gemeinsame Kinder und den von ihm adoptierten Sohn aus der ersten Ehe seiner Frau. Als sein wichtigster Schüler gilt sein Schwiegersohn Theodor Georgii, der Hildebrands im Zweiten Weltkrieg zerstörten Wittelsbacher Brunnen in München wiederaufbaute. Ein anderer Schwiegersohn war der Architekt Carl Sattler.
Hildebrand wurde auf dem Friedhof der Pfarrkirche St. Lorenz[2] in München-Oberföhring bestattet. Sein künstlerischer Nachlass aus Entwürfen, Modellen und vollendeten Werken aus seinem Atelier im Hildebrandhaus befindet sich heute im Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und wird teilweise in der Neuen Pinakothek ausgestellt.[3]
Zeitgenössische Rezeption
„Adolf Hildebrand und Max Klinger sind die beiden großen Gewalten innerhalb der modernen deutschen Bildnerei“
Hildebrands Plastiken und Skulpturen tragen klassizistische, „mediterrane“ Züge. Sie sind gekennzeichnet durch eine klare, reduzierte und ruhige Formgebung. Hildebrand trat für eine klare und vollendete Ausgestaltung des Kunstwerks ohne überflüssige Details ein. Bevorzugtes Sujet war ihm die menschliche Gestalt, die ihm auch allgemein als das vornehmste Thema der Kunst erschien. Öfters versuchte er die Einbindung eines plastischen Werks in eine größere Ganzheit, was Hildebrand schließlich vermehrt zu städtebaulichen Aufgaben führte. Auf dem Gebiet der Brunnen- und Denkmalkunst war Hildebrand deutschlandweit bald führend. Er war auch als Medailleur tätig.[5]
Hildebrands theoretisches Werk Das Problem der Form in der bildenden Kunst (1893)[6] war beeinflusst von den Überlegungen seines Freundes und Förderers Konrad Fiedler. Es hat insbesondere die Kunstgeschichte – und hier namentlich den Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin – beeinflusst. In seinem Werk geht Hildebrand von dem Grundsatz aus, dass „das Kunstwerk […] augengerecht sein“ müsse (Wölfflin). Für jedes Werk gebe es einen Idealpunkt der Betrachtung. Für die Plastik, die gewöhnlich aus der Distanz betrachtet wird, bedeutet dies, dass sie der Zweidimensionalität der menschlichen Wahrnehmung Rechnung tragen muss: Reduktion und Verzicht auf Details werden so – ähnlich wie für den sieben Jahre älteren Auguste Rodin – zu Hildebrands Arbeitsmaximen. Das Relief, das Hildebrand zufolge idealerweise dem menschlichen Anschauungsvermögen entspricht, wird zum normativen Maß von Plastik überhaupt.
↑Joachim Kaak: Der Ateliernachlass Adolf von Hildebrands in der Neuen Pinakothek. In: Fabian Pius Huber: Bayerische Staatsgemäldesammlungen. Neue Pinakothek. Katalog der Skulpturen – Band II: Adolf von Hildebrand. Berlin / München, S.14f.
↑Friedrich Haack: Die Kunst der neusten Zeit. Paul Neef Verlag, Stuttgart, 1925; S. 276
↑Adolf Ritter von Hildebrand. Künstler. Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst e. V., abgerufen am 17. November 2015.
↑Sigrid Esche-Braunfels: Adolf von Hildebrand (1847–1921). Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1993, ISBN 3-87157-144-X, S.397ff.
↑Peter Pinnau: Gruft, Mausoleum, Grabkapelle. Studien zur Sepulkralarchitektur des 19. und des 20. Jahrhunderts mit besonderer Hinsicht auf Adolf von Hildebrand. Mäander-Verlag, München 1992, ISBN 3-88219-366-2.
↑Der Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste, Die Mitglieder des Ordens, Band II (1882–1952), Seite 80, Gebr. Mann-Verlag, Berlin, 1978
↑Archiv der Hochschule für bildende Künste Dresden