In den Wochen vor dem Rennen in Monza traten erstmals Spannungen in der Zusammenarbeit zwischen Ferdinand Piëch und John Wyer auf. Bei Wyer war man vor dem Beginn der Saison davon ausgegangen, als einziges Team die Werkseinsätze von Porsche durchzuführen. Louise Piëch, die Mutter von Ferdinand Piëch und Eigentümerin der Porsche Holding in Salzburg, hatte bereits Ende der Saison 1969 ein selbständiges Porsche-Team aufgebaut. 1970 setzte auch Porsche Salzburg wie John Wyer Automotive zwei Porsche 917 ein und erhielt umfassende technische Unterstützung von Porsche in Zuffenhausen. In den Wochen vor dem Rennen in Monza hatte John Horsman, der technische Leiter bei Wyer, neue, von Girling stammende Bremsenscheiben und Beläge an den Einsatzwagen testen lassen. Für derlei Tests und Veränderungen am Wagen musste die Wyer-Teamleitung die Zustimmung von Piëch einholen, der sie in diesem Fall auch erteilte. Da die Girling-Produkte das Bremsverhalten der beiden Wyer-917-Fahrgestelle wesentlich verbesserten, wurden sie für das Rennen in Monza in die Fahrzeuge eingebaut. Zur Verärgerung der Wyer-Teamleitung hatten die Porsche-Salzburg-917 in Monza ebenfalls neue Girling-Bremsscheiben und -Beläge. Ein weiterer Streitpunkt war der neue 4,9-Liter-Motor, den Piëch erst exklusiv John Wyer anbot, der in Monza jedoch auch in beiden Porsche-Salzburg-917 eingebaut war.[1]
Matra und Alfa Romeo brachten jeweils offene Sportwagen-Prototypen an den Start. Matra hatte die F1-Automobil-Weltmeisterschaft 1969 gewonnen, mit Jackie Stewart erstmals als Fahrerweltmeister, das von Tyrrell eingesetzte Chassis Matra MS80 das Matra den Konstrukteurs-WM-Titel einbrachte hatte jedoch einen Ford-Cosworth DFV V8 der für lange Sportwagenrennen (1000km bis 24h) zu unzuverlässig war. 1970 setzte Matra, nun wieder in Eigenregie, den eigenen Dreiliter-V12 MS12 in beiden WM-Serien ein, im Matra MS120 für die Formel1, und im Matra MS650 bei den Sportwagen; zwei davon wurden in Monza genannt. Alfa brachte eine ganze Flotte der Alfa Romeo Tipo 33 bei den beiden Sportwagen-WM Heimrennen (Monza 1000km und Targa Florio 1970) an den Start, vier T33/3 mit Dreiliter-V8, zudem zwei der älteren T33/2 mit nur zwei Liter Hubraum. Nach Auslaufen der Sonderregel für Fünfliter-Kleinserien-Sportwagen Ende 1971 würden die Dreiliter-Einzelstücke ab 1972 die WM unter sich ausmachen können. Auf dem schnellen Kurs von Monza, bei dem die umstrittenen Steilwandkurven nicht mehr gefahren wurden, waren sie jedoch gegen die großen Motoren im Nachteil.
Vom Start weg entwickelte sich die von der Fachwelt erwartete Auseinandersetzung zwischen Porsche und Ferrari. Sich im Windschatten immer wieder gegenseitig überholend setzten sich die beiden Wyer-Porsche 917, gefahren von Rodríguez und Siffert, und die drei Werks-512S mit Giunti, Amon und Surtees rasch vom restlichen Feld ab. In der achten Runde fand Vic Elford im Porsche-Salzburg-917 Anschluss an das vor ihm fahrende Quintett und übernahm in der zehnten Runde den zweiten Rang hinter Jo Siffert. Dritter war Ignazio Giunti im besten Ferrari. Jo Siffert verlor die Möglichkeit das Rennen zu gewinnen in der elften Runde, als er beim Überrunden eines GT-Wagens in der ersten Lesmo-Kurve in eine Leitschiene prallte. Dabei wurde vorne rechts der Querlenker beschädigt. Nach langsamer Fahrt an die Boxen und der folgenden Reparatur kam der Wagen mit mehr als zehn Runden Rückstand wieder auf die Bahn und lag im Gesamtklassement chancenlos zurück.
Bei Rennhalbzeit führte Kurt Ahrens im Porsche 917 Nr. 10 fünf Sekunden vor Rodríguez’ Teamkollegen Leo Kinnunen. In der 92 Runde hatte Ahrens in der Curva Grande rechts hinten einen Reifenschaden. Er konnte zwar einen Unfall vermeiden und um fast den kompletten Kurs langsam an die Boxen fahren, die Beschädigungen an der Aufhängung waren jedoch so groß, dass der Wagen aus dem Rennen genommen werden musste. Ferrari verlor den möglichen Gesamtsieg durch einen Brand beim Nachtanken am 512S von Chris Amon und Arturo Merzario. Das Feuer konnte gelöscht werden, das Team verlor aber drei Runden. Im Ziel hatten Pedro Rodríguez und Leo Kinnunen im Porsche 917 Nr. 7 einen Vorsprung von 1 Minute und 25 Sekunden auf den Ferrari Nr. 3 von Ignazio Giunti, Nino Vaccarella und Chris Amon, der den letzten Rennabschnitt dieses Wagens fuhr. Hinter drei Ferrari, zwei Matra, einem Alfa, und zwei weiteren Ferrari kamen ab Platz 10 drei 917 ins Ziel. Drei 917 waren ausgefallen, neben dem Reifenschaden von Ahrens auch Motorschaden bei Herrmann/Attwood und Getriebeproblem beim Piper-917. Porsche hatte also trotz Sieg weiterhin an Zuverlässigkeit und Leistung zu arbeiten.
Ergebnisse
Schlussklassement
Pos.
Klasse
Nr.
Team
Fahrer
Fahrzeug
Runden
1
S 5.0
7
Vereinigtes Konigreich J. W. Automotive Engineering
1 nicht gestartet
2 Unfall im Training
3 nicht qualifiziert
4 nicht qualifiziert
5 nicht qualifiziert
6 nicht qualifiziert
7 nicht qualifiziert
8 nicht qualifiziert
9 nicht qualifiziert
10 nicht qualifiziert
11 nicht qualifiziert
12 nicht qualifiziert
13 nicht qualifiziert
14 nicht qualifiziert
15 nicht qualifiziert
16 nicht qualifiziert
17 nicht qualifiziert
18 nicht qualifiziert
19 nicht qualifiziert
20 nicht qualifiziert
21 nicht qualifiziert
22 nicht qualifiziert
23 nicht qualifiziert
24 nicht qualifiziert
Nur in der Meldeliste
Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.
Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.